Agrarforschung
Biologische Bekämpfung von Lagerfäuleerregern beim Apfel
Universität Konstanz/ Fakultät für Biologie, Lehrstuhl für Phytopathologie
W. Leibinger und K. Mendgen
April 1994 - März 1995
Zusammenfassung
Es wurden nützliche Mikroorganismen zur Bekämpfung der Apfelfäule isoliert und charakterisiert. Diese wurden in Fermentern vermehrt und in geeigneten Kombinationen vor der Ernte in Apfelanlagen ausgebracht. Die Mikroorganismen haben sich auf den Äpfeln vermehrt und waren auch noch im Lager auf der Apfeloberfläche nachweisbar. In zwei aufeinanderfolgenden Jahren wurde eine, mit einem Fungizid vergleichbare Reduktion der Faulstellenbildung erzielt.
Problemstellung
Die Lagerfäule der Äpfel wird durch die Pilze Penicillium expansum, Botrytis cinerea, Monilinia fructigena, Nectria galligena sowie verschiedene Gloeosporiumarten hervorgerufen. Die Bekämpfung erfolgt vor der Ernte durch Abschlußbehandlungen mit Fungiziden. Nach dem Inkrafttreten des Pflanzenschutzgesetzes von 1986 wurde die Anzahl der zugelassenen Pflanzenschutzmittel deutlich reduziert. Die verbliebenen Mittel sind nicht immer in der Lage, einen ausreichenden Schutz der Früchte zu gewährleisten. Empfohlen wird heute der Einsatz von Benzimidazolen und Dichlofluaniden, wobei insbesondere gegen den Wirkstoff Benzimidazol bereits Resistenzen einiger wichtiger Schadenserreger nachgewiesen werden konnten.
Eine mögliche Alternative zu synthetischen Fungiziden stellt die biologische Bekämpfung mit Antagonisten dar. Laborversuche haben gezeigt, daß nützliche Mikroorganismen in der Lage sind, die Faulstellenentwicklung künstlich verwundeter Äpfel vollständig zu unterdrücken. Allerdings lassen sich diese Ergebnisse nur bedingt in die Praxis übertragen, da klimatische Bedingungen, Nährstoffangebot und die Mikroflora der Phyllosphäre die Populationsentwicklung der Mikroorganismen beeinflussen können.
Ziel
Es sollte untersucht werden, ob mit antagonistisch wirksamen Isolaten eine biologische Bekämpfung von Lagerfäulen auch im Freiland eine Alternative zum Einsatz synthetischer Fungizide darstellt.
Untersuchungsmethode
Selektion der Antagonisten
1990-1993 wurden aus seit Jahren unbehandelten Apfelanlagen der Bodenseeregion Mikroorganismen isoliert und gereinigt und deren antagonistische Wirkung gegenüber Fäulniserregern bestimmt. Als Testmethode in vivo diente die Reduktion des Faulstellendurchmessers künstlich verwundeter und inokulierter Äpfel. Hochwirksame Einzelisolate wurden in Mischungen zusammengefaßt, wodurch eine Steigerung der Wirkung gegenüber den Einzelisolaten erzielt werden konnte.
Freilandversuche
Konzipiert wurde ein Feldversuch mit 5 verschiedenen Versuchsvarianten. Eingesetzt wurden die drei besten Isolatmischungen aus den Vorversuchen sowie eine Fungizid- und eine Wasserkontrolle.
Die Anzucht von E. purpurascens und A. strictum. erfolgte auf Festmedien. Alle anderen Isolate wurden in Flüssigmedien vermehrt und durch Zentrifugation geerntet. Die Konzentrationen der Mikroorganismen wurde auf 107 Konidien/ml bzw. 108 Bakterien/ml eingestellt. Die Applikation erfolgte mit Hilfe von Motorrückenspritzen in einer Vorerntebehandlung . Die Versuchsvarianten wurden durch Folien abgedeckt, um Fehler durch Abdrift zu vermeiden.
Bei der Versuchsanlage handelt es sich um eine konventionell geführte Apfelanlage in Meckenbeuren (Oberschwaben) der Sorte Golden Delicious. Die Versuchsparzelle wurde jeweils bis Ende Juni gemäß den Richtlinien integrierter Produktion behandelt. Pro Versuchsvariante standen 20 Bäume zu Verfügung.
Zur Überprüfung der Etablierung der Antagonisten auf der Apfeloberfläche wurden zu verschiedenen Zeitpunkten vor und nach der Applikation der Antagonisten Äpfel entnommen, abgewaschen und die Waschsuspension in verschiedenen Konzentrationen auf geeigneten Nährmedien ausplattiert. Über die Anzahl der CFU (Colonie Forming Units) wurde die Besiedlungsdichte bestimmt.
Nach der Ernte wurden die Äpfel in einem Kühlhaus bei 4 °C eingelagert. Äpfel, die Fäulnissympthome zeigten, wurden aus dem Lager entnommen. An Hand morphologischer Merkmale erfolgte eine Bestimmung der Pathogene. Erfaßt wurde die Pathogenverteilung, die Anzahl fauler Äpfel sowie die Anzahl der Faulstellen in den verschiedenen Versuchsvarianten.
Ergebnisse
Für alle Antagonisten konnte im Verlauf der Freilandversuche ein deutlicher Anstieg der Populationsdichte im Feld festgestellt werden. Insbesondere das Isolat CF35 (rote Hefe) sowie die Isolate von A. pullulans zeigten eine sehr gute Etablierung. Bacillus subtilis, A. strictum und E. purpura-scens wiesen im allgemeinen geringere Besied-lungsdichten als die Hefen auf. Im Lager ging die Konzentration der Mikroorganismen auf der Ap-feloberfläche zurück. Die Populationsdichte blieb auf den behandelten Äpfel gegenüber der Wasser- und Fungizidkontrolle aber immer signifikant erhöht.
Durch alle Antagonistenmischungen konnte eine deutliche Reduktion der Faulstellenbildung erreicht werden. Der Wirkungsgrad der besten Mischung liegt eng bei dem der Fungizidbehandlung und konnte statistisch nicht von diesem unterschieden werden. Diese Aussage trifft sowohl für die Anzahl der Äpfel mit Fäulnissymptomen zu, als auch für die Gesamtzahl der Faulstellen.
Die Ergebnisse von 1993 konnten 1994 wiederholt werden. Der Unterschied zwischen der Wasserkontrolle und den restlichen Versuchsvarianten fiel geringer aus, aber wiederum ist der Wirkungsgrad von Fungizid und den Mischungen annähernd identisch. Durch die Formulierung der Antagonistenmischung 3 wurde kein verbessertes Ergebnis erzielt.
In beiden Versuchsjahren wurden die Gleosporiumfäulen als Hauptverursacher der Schadsymptome identifiziert. Als weitere Pathologen traten häufig Penicillium expansum, Moniliania fructigena, Botrytis cinerea und Nectria galligena auf. Selten wurden Alternaria spp. und Fusarium spp. als Schaderreger bestimmt.
Diskussion
In unbehandelten Apfelanlagen kommen Mikroorganismen vor, die Lagerfäuleerreger der Äpfel wirksam bekämpfen. In Mischungen eingesetzt, erzielten sie häufig eine noch bessere Wirkung als die Einzelisolate. Um zu klären ob diese nützlichen Mikroorganismen in Apfelanlagen etabliert werden können und welche Wirkung sie auf die Entwicklung von Lagerfäulen haben, wurden in einer integriert bewirtschafteten Anlage antagonistische Pilze, Hefe und Bakterien ausgebracht. Die Behandlungen erfolgten in der Vorerntesaison, da viele Fäulniserreger die Äpfel bereits im Feld über Lentizellen oder Wunden infizieren. Die nützlichen Mikroorganismen konnten auf der Apfeloberfläche schon im Feld, aber auch nach der Einlagerung in einem konventionellen Kühllager in konstant hohen Konzentrationen nachgewiesen werden. Durch eine Formulierung der Mikroorganismen mit Glycerin und Maltose konnte die Populationsdichte noch weiter erhöht werden. Da durch diese Zusatzstoffe aber auch negative Effekte bezüglich der Zahl der Faulstellen zu beobachten waren, sollte deren Einsatz noch weiter geprüft werden.
Konsequenzen für die Praxis
Alle Isolatmischungen zeigten bei der Bekämpfung von Lagerfäulen eine gute Wirkung. Diese konnte auch bei der Wiederholung des Versuchs bestätigt werden. Die beste Antagonistenmischungen zeigte eine vergleichbar gute Wirkung wie das Fungizid. Innerhalb der verschiedenen Mischungen wurden Unterschiede in der Bekämpfung der Fäulen erkennbar. Die Verwendung filamentöser Pilze brachte nur einen mässigen Erfolg. Ihr Einsatz zur biologischen Bekämpfung muß auch wegen der umständlichen Kultivierung auf Festmedien in Frage gestellt werden. Vielversprechend sind auf Grund ihrer Wirkung und der unproblematischen Anzucht in Fermentern insbesondere die Hefen und A. pullulans, sowie die Isolate von B. subtisis.
Literatur:
Abschlußbericht Mai 1995
Fördernde Institution: MLR |
Förderkennzeichen: 23 - 94 . 14 |