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Agrarforschung

Einsatz von Kernpolyederviren zur Regulierung der Populationsdichte
des Schwammspinners

Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg,
Abteilung Waldschutz, Freiburg i.Br.
M. Kammerer & H. Bogenschütz                   
August 1993 bis Dezember 1996

Problemstellung

Bei der Massenvermehrung des Schwammspinners, Lymantria dispar, in Baden-Württemberg von 1992 bis 1994 wurden zum Schutz vor Schäden durch Kahlfraß gefährdete, bereits vorgeschädigte Waldbestände mit im Forst zugelassenen Insektiziden behandelt. Da diese Mittel nur eine eingeschränkte Selektivität besitzen, wurde nach schonenderen Bekämpfungsalternativen gesucht. Hierfür boten sich Kernpolyederviren des Schwammspinners (LdNPV) an, da diese über eine ausgeprägte Wirtsspezifität verfügen.

Ziel

Mit dem amerikanischen Virusprodukt GYPCHEK und mit selbst hergestelltem Virusmaterial sollten unter Praxisbedingungen vorzeitige Epizootien ausgelöst werden, um dadurch späteren Kahlfraß zu verhindern.

Untersuchungsmethode

Im Labor wurde die Virulenz der Virusprodukte getestet. In den Jahren 1992 bis 1994 wurden auf insgesamt 40,2 ha Waldfläche Versuche mit Kernpolyederviren durchgeführt. Bei der Applikation der Viren wurden unterschiedliche Techniken und Dosierungen eingesetzt:

  1. Bei Schlüpfbeginn wurden Eigelege mit Hilfe einer Hochdruckrückenspritze mit 5 ml Virussuspension besprüht. Die ha-Aufwandmenge betrug 2,5 x 10 10 Polyeder in 5 l Wasser.
  2. Nachdem ausreichend Blattmasse (Belaubung ca. 30 %) vorhanden war und sich die meisten Raupen im 2. Larvenstadium befanden, wurde - je nach Bestandestyp - mit einer Aufsattelspritze bzw. mit einem Helikopter das Laub mit Virussuspension benetzt. Die ha Aufwandmenge betrug bei der Applikation mit der Aufsattelspritze 2,5 x 10 12 Polyeder in 500 l Wasser und mit dem Helikopter 1 x 10 12 Polyeder in 50 l Wasser.

Zur Erfolgskontrolle wurden aus behandelten und aus unbehandelten Beständen Raupen entnommen und im Labor bis zum Tod oder bis zum Erreichen des Adultstadiums mit Kunstfutter weitergezüchtet. Verendete Tiere wurden auf Pathogen- und Parasitoidbefall untersucht. In einigen Beständen wurden in Brusthöhe Stoffbänder aufgehängt und periodisch die Raupen gezählt, die sich darunter versteckten. Am Ende der Fraßperiode wurde der Blattverlust durch Raupenfraß geschätzt.

Ergebnisse

Die Laboruntersuchungen ergaben keine signifikanten Virulenzunterschiede der untersuchten Viruspräparate.

1994 kam es in allen untersuchten unbehandelten Beständen zum Zusammenbruch der Schwammspinnergradation. Hauptmortalitätsfaktor war die Infektion mit Kernpolyederviren, daneben wurden Parasitierungsraten bis 45 % ermittelt. Am häufigsten konnte die Raupenfliege Parasetigena silvestris nachgewiesen werden.

Auf allen Versuchsflächen konnte die gewünschte Kernpolyedervirusepizootie vorzeitig ausgelöst werden. Bei der Behandlung der Eigelge mit Virussuspension verendeten viele Tiere erst am Ende ihrer Entwicklung an der Virose, so daß Kahlfraß nicht verhindert werden konnte. Da nur wenige Raupen das Adultstadium erreicht haben, kam es in der Folgegeneration zu einer deutlichen Verringerung der Populationsdichte des Schwammspinners.

Durch die Behandlung der Blattmasse mit Kernpolyedervirussuspension ist es gelungen, hohe Laubverluste durch Raupenfraß zu verhindern. Durch die ausgebrachte hohe Viruskonzentration war eine schnelle Infektion sichergestellt. Wenn aufgrund von Applikationsproblemen nicht die gesamte Blattmasse mit Virussuspension kontaminiert wurde oder wenn die Behandlung zu spät erfolgte, d.h. die Raupen das 2. Stadium bereits überschritten hatten, war die Wirkung deutlich reduziert. Darüber hinaus kam es auf zu klein gewählten Versuchsflächen durch zuwandernde Raupen aus kahlgefressenen Nachbarbeständen zu einer Verringerung des Behandlungserfolgs.

Konsequenz für die Praxis

Durch die Behandlung der Eigelege mit Virussuspension können Epizootien ausgelöst werden. Hohe Laubverluste können hierdurch zwar nicht verhindert werden, da jedoch nur wenige Raupen das Adultstadium erreichen, kommt es zu einer Reduktion der Populationsdichte in der Folgegeneration. Gelegebehandlungen sind daher besonders wirksam, wenn sie in der Progradationsphase durchgeführt werden.

Durch die Behandlung des Laubs mit Virussuspension kann Kahlfraß verhindert werden. Die ha-Aufwandmengen sind für diese Art der Applikation um zwei Zehnerpotenzen höher als bei der Eigelegebehandlung. Die Bereitstellung von Kernpolyederviren für die biologische Bekämpfung des Schwammspinners ist problematisch, da für deren Vermehrung lebende Raupen benötigt werden, wozu umfangreiche Zuchten erforderlich sind.

Künftige Massenvermehrungen können durch die Behandlung der Schwammspinnereigelege mit geringem Materialeinsatz vorzeitig beendet werden. Voraussetzung ist, daß Zulassungsfragen geklärt sind und Gradationen frühzeitig erkannt werden. Zu letzterem ist es notwendig, die Schwammspinnerpopulationen auch in der Latenzphase ständig zu überwachen.

Publikationen:
  • BOGENSCHÜTZ H. & KAMMERER M. (1995): Untersuchungen zum Massenwechsel des Schwammspinners, Lymantria dispar L. (Lepidoptera, Lymantriidae), in Baden-Württemberg. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 10, 113-117.
  • KAMMERER M. & BOGENSCHÜTZ H. (1995): Beeinflussung des Massenwechsels von Lymantria dispar L. (Lepidoptera, Lymantriidae) durch den Einsatz von Kernpolyederviren. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 10, 119-122.
  • KAMMERER M. & BOGENSCHÜTZ H. (1994): Kernpolyederviren als Massenwechselfaktoren des Schwammspinners, Lymantria dispar L. Mitt. Biol. Bundesanst. H. 301, 466.

 

Fördernde Institution:MLR

Förderkennzeichen:  55 - 94 . 1 




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