Agrarforschung
Entwicklung von Methoden zur Herstellung und Kontrolle sanitär einwandfreien Rebenpflanzgutes
H.-H. Kassemeyer, Staatliches Weinbauinstitut Freiburg im Breisgau
Juni 1991 bis Juni 1994
Problemstellung
Viruskrankheiten der Weinrebe können Ertrag, Qualität erheblich verringern und die Lebensdauer der Rebanlagen verkürzen. In den deutschen Weinbaugebieten sind die Reisigkrankheit und die Blattrollkrankheit der Rebe von praktischer Bedeutung. Die Reisigkrankheit wird durch Nepoviren, vor allem das Grapevine fanleaf virus (GFlV) und das Arabis mosaic virus (ArMV), verursacht. Die Nepoviren werden durch wandernde Wurzelnematoden übertragen. An der Blattrollkrankheit sind verschiedene Typen von Closteroviren beteiligt, wobei in deutschen Weinbaugebieten derzeit das Grapevine leafroll virus (GLRaV) mit zwei Typen (GLRaV 1 und GLRaV 3) bekannt ist. Außerdem werden beide Viruskrankheiten verbreitet, wenn bei der Herstellung der Pfropfreben Edelreiser oder Unterlagen von virusinfizierten Mutterpflanzen verwendet werden. In jüngeren Rebanlagen, die zur Gewinnung von Vermehrungsmaterial herangezogen werden, sind die Symptome der Viruskrankheiten nur sehr schwer zu erkennen. Daher sind Methoden zum Nachweis von Viruskrankheiten dringend erforderlich.
Ziel
Damit Viruskrankheiten wirkungsvoll eingedämmt werden, darf Rebenpflanzgut nicht mit Viren infiziert sein. Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens war es, Nachweismethoden für Viruskrankheiten zu erarbeiten bzw. in Baden-Württemberg zu etablieren, die zukünftigen sanitären Anforderungen an das Rebenpflanzgut in Deutschland, innerhalb der EU und in Drittländern gerecht werden. Insbesondere sollten serologische Methoden erarbeitet werden, die es erlauben, die Viren der Blattrollkrankheit und der Reisigkrankheit schnell und sicher nachzuweisen. Zusätzlich soll geprüft werden, in welchem Umfang die neue Technik der Grünveredelung zur phytosanitären Kontrolle eingesetzt werden kann.
Untersuchungsmethoden
Es wurde ein Sortiment mit viruskranken Reben aufgebaut, das die wichtigsten Rebsorten Baden-Württembergs und Virusherkünfte aus allen Weinbaubereichen des Landes enthält. Aus Reben, die Symptome der Reisigkrankheit bzw. Blattrollkrankheit zeigten, wurden Viruspartikel isoliert. Die Isolate wurden als GFlV, ArMV, GLRaV 1 und 3 charakterisiert. Aus den gereinigten Viren wurden Antikörper zum serologischen Nachweis hergestellt. Die spezifischen Antikörpern wurden im ELISA-Verfahren eingesetzt, um die Viren in Proben aus unterschiedlichen Herkünften nachzuweisen. Zur Bestätigung wurden einige Stichproben elektronenmikroskopisch untersucht; dabei konnten die Viruspartikel direkt dargestellt und sichtbar gemacht werden. Mit einer Veredelungsmaschine der Firma Wahler (Schnait im Remstal) wurden Grünveredelungen hergestellt. Als Pfropfpartner dienten Indikatorsorten, auf die virusinfizierte Herkünfte veredelt wurden. Die Ausprägung der typischen Symptome von Reisigkrankheit und Blattrollkrankheit an den Indikatorsorten wurde ermittelt.
Ergebnisse
Mit Hilfe der ELISA-Technik ist es möglich, die Viren der Reisigkrankheit und der Blattrollkrankheit nachzuweisen. Die Nachweisempfindlichkeit ist allerdings unterschiedlich. Die Nepoviren lassen sich serologisch gut nachweisen, so dass das ELISA-Verfahren für den Routinenachweis der Reisigkrankheit geeignet ist. Der Nachweis der Blattrollkrankheit bereitet noch einige Schwierigkeiten, da GLRaV 1 nicht immer mit ausreichender Empfindlichkeit detektierbar ist. Hier wurde versucht, die Viruspartikel im Probenmaterial anzureichern. Mit Hilfe von einfachen Membranfiltern war es möglich, GLRaV in einem Schritt soweit anzureichern, dass ein Nachweis gut möglich war. Für den Routinetest von Vermehrungsmaterial wurden Methoden zum Sammeln und Homogenisieren der Proben ausgewählt, die eine rationelle Verarbeitung gewährleisten. Die Blätter werden in speziellen Tüten aus widerstandsfähigem Kunststoff gesammelt und in diesen Tüten mit einem Homogenisator aus Kugellagern aufgearbeitet. Der Rohsaft kann aus den Tüten entnommen und direkt in die ELISA Platten pipettiert werden. Mit geeigneten Puffersystemen wurden Schwierigkeiten ausgeräumt, die durch den hohen Phenolgehalt der Proben aus den Weinreben bedingt sind. In gesonderten Untersuchungen wurde der optimale Zeitpunkt für die Entnahme der Proben ermittelt. Für den Nachweis von Viren der Reisigkrankheit sind Blätter aus dem oberen Bereich der Triebe die am besten geeignet. Sie sollten Ende Juni bis Juli gesammelt werden. Die Blattrollkrankheit ist am besten in älteren Blättern von Mitte August bis September nachzuweisen.
Die Grünveredelung konnte mit Indikatorsorten etabliert werden, die deutlich Symptome der einzelnen Viruskrankheiten ausprägen. Allerdings verlangt diese Methode gärtnerisches Geschick und gut ausgestattete Gewächshäuser. Die Veredelungen gelangen nur, wenn Kallusbildung und Bewurzelung unter hoher Luftfeuchtigkeit stattfand. Dazu wurden die Veredelungen bis zum Bewurzeln unter eine Sprühnebelanlage gestellt. Danach erfolgte eine schrittweise Adaptation an normale Gewächshausverhältnisse. Zum Nachweis der Reisigkrankheit eignet sich die Sorte FS4 (Siegfriedrebe). Die Blattrollkrankheit wird durch die Sorte "Blauer Spätburgunder" deutlich angezeigt.
Konsequenzen für die Praxis
Für den Routinetest von Vermehrungsmaterial hat sich das ELISA-Verfahren bewährt., während die Grünveredelung zu kosten- und arbeitsaufwendig ist. Daher wird für die Virustestungen von Vermehrungsmaterial in Baden-Württemberg, die in dem Forschungsvorhaben ausgearbeitete Methode verwendet. Hierdurch können die Vorgaben der Rebenpflanzgut-Verordnung in Baden-Württemberg schnell und sicher erfüllt werden.
Literaturhinweis
Abschlußbericht September 1994
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