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Forschungsreport
Maßnahmenkonzeption Belchen

Abschlussbericht, Dezember 2007

Auftraggeber: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg

Auftragnehmer: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg

Projektleitung: Dr. Rudi Suchant


Zusammenfassung

Suchant, R., Haas, F., FVA Freiburg, Abt. Wald und Gesellschaft, AB Wildökologie

Das Projekt „Belchen-Konzeption“ liefert objektive Grundlagendaten aus verschiedenen Fachgebieten, die durch verschiedene Abteilungen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, der Abteilung für Bodenkunde der Universität Freiburg und der Deutschen Sporthochschule in Köln erhoben wurden. Die Daten dienen als Grundlage für die Erstellung eines Maßnahmenplanes, der durch einen Arbeitskreis verabschiedet werden muss.

Gamswild und Verbissbelastung

Der Gamswildbestand konnte trotz der Anwendung verschiedener Methoden (Jagdstatistik, Fährtenanalyse, Vollzählung, Jagdprotokolle, Revier-Fragebögen) nur annähernd eingeschätzt werden. Bei der Vollzählung konnte ein Mindestbestand von 79 Tieren am Belchen errechnet werden. Für das Gamswildgebiet Belchen (7.500ha) kann derzeit eine Population von ca. 230 Tieren angenommen werden. Die Gamsdichte beträgt demnach ca. 3,2 Tieren je 100ha. Die Verteilung ist allerdings sehr heterogen mit starken Konzentrationen in felsdurchsetzten Steillagen. Auch die Störwirkung von touristischen Einflüssen bedingt zusätzlich eine Konzentration in den touristisch wenig erschlossenen Bereichen. Im Bereich der höchsten Gamswildkonzentration im Belchen-Nordhang (1.370ha) ergibt sich eine geschätzte Bestandeshöhe von ca. 130 Tieren und eine Gamsdichte von 10 Tieren je 100ha. Die Verbissaufnahme auf 264 Probekreisen im Untersuchungsgebiet ergibt für die 180      (= 68,2%) Probekreise mit Verjüngung eine Gesamtpflanzenanzahl von 2313. Davon sind 2180 unverbissen, 133 weisen Verbissspuren auf. Der Anteil an Laubbaumarten liegt bei 82%, 18% der Pflanzen entfallen auf Nadelbäume. Der Verbiss entfällt zu 50,4% auf Nadelbaumarten und zu 49,6% auf Laubbaumarten. Die Fichte unterliegt dem stärksten Verbiss: 10% der Höhenstufe <20cm, 38,6% der Höhenstufe 21-50cm und 45,5% der dritten Höhenstufe (51-130cm) sind verbissen. Die Buche ist die am stärksten verbissene Laubbaumart. Der Verbissschwerpunkt liegt in der zweiten und dritten Höhenstufe mit jeweils 19,3 und 18,7%. Betrachtet man die räumliche Verteilung der Verbissbelastung ergibt sich eine heterogene, mosaikartige Verteilung von erfolgreich verjüngten Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft von ungenügend verjüngten Flächen. 

Analyse Verjüngungsentwicklung

Im Untersuchungsgebiet wird der Zielwert für einen vollbestockten, mehr oder weniger geschlossenen Fichten-Hochlagenbestand mit 30m²/ha Bestandesgrundfläche gewählt, der etwas unter dem Referenzwert der Bonität dGz100 6 liegt. Mit diesem Zielwert sind 38% der Waldflächen im Untersuchungsgebiet voll bestockt, 37% der Flächen befinden sich im gelichteten Zustand und 25% sind bereits stark gelichtet bzw. kahl. Aus dem durch den Borkenkäfereinfluss bedingten Auflichtungsprozess ergibt sich ein Verjüngungsbedarf von 60% des Untersuchungsgebietes. Werden die Mindestbaumzahlen von Naturverjüngungen für reine Schutzwälder als Maßstab herangezogen, wird die Zielfläche zu 58% verjüngt. Auf 31% der zu verjüngenden Fläche ist zusätzliche Verjüngung dringend erforderlich.  Die Baumartenanteile der verjüngten Flächen setzen sich aus Bergahorn 37%, Buche 22%, sonstige Laubbäume 2%, Fichte 27% und Tanne 12% zusammen.  Als Verjüngungshemmnis kann eine zunehmende Vergrasung angesehen werden, die bisher aber nur auf 4% stark, auf 15% mittel, auf 49% mäßig und auf 32% gering gegeben ist.

Analyse Borkenkäfer

Die Borkenkäferproblematik geht auf ein Sturmereignis am Belchen-Nordhang im Jahr 1996 und auf den Verbleib von Restholz nach einer Durchforstungsmaßnahme am Hohkelch aus dem Jahr 1997 zurück. Bis in das Jahr 2006 wurden 33ha (23%) des Untersuchungsgebietes befallen. Es ist davon auszugehen, dass alle verbliebenen Altfichten ab einer Meereshöhe von 1100m ü. NN stark gefährdet sind. Daraus lässt sich eine zukünftige Befallsfläche von 79ha (weitere 53% des Untersuchungsgebietes) prognostizieren. Legt man den bisherigen durchschnittlichen jährlichen Befallsfortschritt von 2,8ha zugrunde, werden in den nächsten 30 Jahren alle Altfichten im Projektgebiet verschwunden sein. Aufgrund der vorliegenden, topografisch bedingten Erschließungssituation kann anfallendes Käferholz kaum aufgearbeitet und abtransportiert werden. Fraglich ist demnach lediglich  die Geschwindigkeit, mit der die Fichtenbestände ausfallen werden.

Erosionsursachen und - verminderung

 Am Belchen-Nordhang sind zahlreiche Oberflächenabflusserscheinungen zu beobachten, die allerdings nicht zwangsläufig zu Erosion führen. Daher ist flächige Erosion nur sehr begrenzt zu beobachten. Die Erosion beschränkt sich am Belchen vor allem auf das vorhandene Gerinnesystem. Durch Starkregenereignisse wird das vorhandene Gerinnesystem erweitert, indem bestehende Rinnen ausgeformt werden und sich neue Rinnen in den Oberhängen entwickeln können. Die Intensität der Erosionserscheinungen ist stark an den Niederschlag gekoppelt. Je höher der Niederschlag, desto intensiver die Erosionserscheinungen. Die Auswertungen der Wetter- und Pegelmessdaten ergaben, dass die Häufigkeit und die Intensität der Starkniederschlagereignisse in den letzten Jahren zugenommen haben. In Modellszenarien zur Niederschlags-Abfluss-Transformation entwickeln unterschiedliche Bewuchsformen (Fichte, Mischwald oder Gras) deutlich verschiedene Pufferleistungen. Die Fichte hält im Vergleich zu den beiden anderen Vegetationsformen aufgrund ihrer hohen Interzeptionskapazität im Kronenraum einen weitaus größeren Anteil an Niederschlag zurück. Die Pufferkapazität der Kroneninterzeption wird bei langandauernden oder extremen Starkniederschlägen jedoch häufig überschritten. Bei derartigen Ereignissen sind die Unterschiede in der Abflussbildung zwischen den verschiedenen Vegetationsformen deshalb nur gering. Ähnliches gilt für den Einfluss der Vergrasung auf die Abflussbildung: zwar erhöht sich mit zunehmender Vergrasung der Anteil oberflächennaher und schneller Abflusskomponenten, doch wird die Erosion stärker durch die Höhe des Ereignisniederschlags beeinflusst, als durch den Unterschied der Vegetationsformen.

Analyse touristische Infrastruktur

Der Tourismus spielt am Belchen eine wichtige Rolle. Im Hinblick auf die Projektfragestellung ist die raum-zeitliche Nutzung des Untersuchungsgebietes von großem Interesse. Hierzu wurde vor allem die bestehende (sport-) touristische Infrastruktur erfasst und deren Einflüsse beurteilt. Es ist festzustellen, dass das Kerngebiet am Belchen-Nordhang kaum touristisch erschlossen ist. Die Südseite des Belchens unterliegt dagegen einer starken, ganzjährigen Nutzung durch Erholungssuchende. Da dieses Gebiet gleichzeitig als Äsungs- und Einstandsgebiet durch die Gämsen genutzt werden könnte, ist eine Störwirkung auf die Gämsen durch die touristische Nutzung möglich. Zudem fand am 05.11.2006 eine Befliegung am Belchen mittels eines Ultraleichtflugzeuges statt, mit der die aktuelle Verteilung der Besucher am Belchen festgestellt werden konnte. Dabei zeigte sich, dass sich die Besucher an die ausgewiesenen Wege hielten und nicht über Trampelpfade u.ä. in das Gelände abwichen. Bei dieser Erhebung handelte es sich jedoch um eine Momentaufnahme, die methodisch entsprechend zu beurteilen ist und ergänzend zu anderen Aufnahmearten vielversprechende Ergebnisse liefert. Da der Winter 2006/2007 durch extremen Schneemangel gekennzeichnet war, lassen sich für die Winternutzung und die dadurch hervorgerufenen Auswirkungen keine konkreten Aussagen treffen. Hier wird die Durchführung einer Winterbefliegung bei ausreichender Schneedecke und damit guter Sichtbarkeit von Menschen- und Tierspuren empfohlen.

pdf-Dateien zum Download:  kompletter Abschlussbericht  (3,7 MB Dateigröße)

Fördernde Institution: MLR

Förderkennzeichen (Projektnr.): 0295 E

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