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Agrarforschung
Entwicklung eines wirtschaftlichen Herstellungsverfahrens einer ökologischen Verpackungsschnur aus baden-württembergischem Flachs

M. Azarschab und H. Preininger, Institut für Textil- und Verfahrenstechnik - Denkendorf
1995 - 1997

Problemstellung

Die heutigen Verpackungsschnüre aus Polypropylen haben das Flachsprodukt aus Preisgründen verdrängt. Es handelt sich um einen Markt von etwa 2000 - 3000 to/Jahr. Die wichtigsten Einsatzgebiete von diesen Schnüren sind Nahrungsmittelindustrie, Haushalt, Gartenbau, Landwirtschaft sowie Verpackungen aller Art.

Die Verpackungsschnüre müssen speziellen Anforderungen bezüglich Biegesteifigkeit, Festigkeit, Glätte und Sauberkeit genügen. Es handelt sich in der Regel um Mehrfachzwirne aus Einfachgarnen. Die Garne müssen nahezu "holzfrei" sein. Diese Einzelgarne werden gezwirnt und in einem Heiß - Naßprozeß mit chemischen Hilfsmitteln behandelt, poliert und anschließend in einem separaten Arbeitsgang als Knäuel aufgemacht. Bisher wurden Garne für Verpackungsschnüre hauptsächlich nach dem Flügelspinnverfahren mit einer Lieferung von ca. 14 m/min hergestellt. Die Technologie zur Herstellung von Verpackungsschnüren ist veraltet. Es muß also dringend nach verbesserten Technologien gesucht werden. Die Wirtschaftlichkeit der Garnherstellung ließe sich steigern, wenn es z.B. gelänge, grobe Werggarne nach dem Rotorspinnverfahren mit einer Lieferung von ca. 100 m/min in ausreichender Qualität herzustellen. Das gelingt nur, wenn die Verarbeitbarkeit von Flachswerg verbessert wird. Die heute verfügbaren mechanischen Aufbereitungsverfahren erlauben eine sehr gute und effektive Trennung von Fasern und Schäben. Diese Aufbereitung ist ein wesentlicher Faktor für den Einsatz der Rotorspinntechnologie. Gelingt es das Fertigungsverfahren wirtschaftlicher zu gestalten, ist ein relativ großer Prozentsatz des Gesamtmarktes erschließbar, da seitens der Verbraucher eine hohe Akzeptanz gegenüber diesem ökologischen Produkt besteht. Recycling wäre ohne Probleme möglich.

Ziel

Ziel der Arbeit war es, einen verbesserten Spinnprozeß zu erreichen und insgesamt das Fertigungsverfahren wirtschaftlicher zu gestalten, um dem Flachs einen relativ hohen Prozentsatz am Gesamtmarkt für Schnüre zu erschließen. Auf diese Weise soll versucht werden, die an sich sehr preisgünstigen, wegen der schlechten biologischen Abbaubarkeit ökologisch aber bedenklichen Polypropylenfasergarne durch Flachswerggarne zu ersetzen.

Untersuchungsmethode

Die Durchführung der Versuche erfolgte sowohl in der verarbeitenden Industrie als auch im Technikum des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf (ITV). Das preisgünstige Flachswerg wurde nach verschiedenen Verfahren aufbereitet und auf einer modifizierten Rotorspinnmaschine zu groben Garnen verarbeitet. Es wurde ermittelt, wie sich die Faser- und Garneigenschaften in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern in den einzelnen Verarbeitungsstufen, ändern. Als Garnkennwert wurde hauptsächlich die Garnfestigkeit bestimmt.

Ergebnis

Flachwerg enthält bis zu 40% an Verunreinigungen, meist in Form von Schäben. Bei der konventionellen Wergaufbereitung und beim Kardieren werden die Fasern zwar gereinigt; im Kardenband ist aber immer noch bis zu 6% Schmutzgehalt vorhanden. In diesen Zustand können die Fasern auf der Rotorspinnmaschine nicht verarbeitet werden. Die Verunreinigungen wie Schäben und Staub stören die Garnbildung im Rotor. Bei der Verarbeitung von Flachswerg gibt es daher, den Gehalt an Verunreinigungen schon vor dem Kardieren stark zu reduzieren. Zur Verbesserung der Reinigung wurde daher der konventionellen Wergreinigung zwei Groböffner vorgeschaltet. Die dadurch erreichte Reduzierung des Schmutzgehalts war beachtlich, jedoch nicht ausreichend, um einen stabilen Spinnprozeß zu erzielen. Auch der Versuch, bei dem der Faserstoff nach der konventionellen Wergaufbereitung zusätzlich über eine Reißkarde geführt wurde, brachte ähnliche Ergebnisse wie beim Versuch mit den zwei Groböffnerpassagen.

Es wurden weitere Optimierungsversuche zur Erzielung bestmöglicher Bandreinheit durchgeführt. Die Versuche ergaben, daß durch den Einsatz einer modernen Krempel eine Verbesserung der Sauberkeit und der Laufeigenschaften erzielt werden kann.

Es wurde festgestellt, daß die Flachsqualität einen großen Einfluß auf die Garn- und Laufeigenschaften hat. Es wurde weiter festgestellt, daß die Faserqualität, die mit der neu entwickelten Temafa- Aufbereitungsanlage erreicht wurde, im Vergleich zur herkömmlichen Weise erzielten Faserqualität, weniger Probleme bei der Verspinnung aufwirft und damit zur besseren Laufeigenschaften führt. Mit dem neuartig aufgeschlossenen Fasern konnte auch eine höhere Ausspinngrenze erreicht werden. Die Versuche ergaben, daß durch gezielte Aufbereitung, durch die Anpassung der Faserlänge an die Erfordernisse des Spinnrotors, durch die Reinigung der Fasern von störenden Begleitsubstanzen und durch die Herstellung entsprechender Vorlagebänder, Rotorgarne für Verpackungsschnüre ausgesponnen werden können, sofern geeignete Maschinenparameter berücksichtigt werden.

Beim Rotorspinnen ist die Abzugsdüse ein wesentliches Element zur Beeinflussung der Spinnstabilität und damit der notwendigen Garndrehung. Für die Flachsverspinnung lagen bezüglich Werkstoff, Geometrie und Oberfläche der Abzugsdüse keine Erfahrungen vor. Es mußten für die Flachsver-spinnung Abzugsdüsen aus besonderen Keramikwerkstoffen entwickelt werden. Erst mit der Entwicklung neuer Keramikabzugsdüsen war die Herstellung von groben Garnen möglich. Über die Gestaltung der Abzugsdüse konnte die Ablagerung im Rotor reduziert und die Spinnstabilität verbessert werden.

Es wurden Einfachgarne Nm 0,45 - 1,75 gesponnen, die in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden können. Um ausreichende Festigkeit für verschiedene Einsatzgebiete zu erreichen, wurden aus diesen Einfachgarnen Dreifachzwirne hergestellt. Untersuchungen mit unterschiedlichen Drehungsbeiwerten sowohl für das Einfachgarn wie auch für den Zwirn wurden durchgeführt, um die bestmögliche Festigkeit zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Garnherstellung nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich möglich sein muß.

Nach der Optimierung der Garn- und Zwirndrehung wurde beim Polier- und Schlichteprozeß nach Möglichkeiten gesucht, die Festigkeit der Schnüre weiter zu steigern. Es wurden die Einflußgrößen Schlichtetyp und Konzentration der Schlichte untersucht. Bei der Gestaltung des Schlichterezeptes wurde neben der geforderten Umweltverträglichkeit darauf geachtet, daß Schlichtemittel bzw. Kombinationen gewählt werden, welche einen flexiblen, gut haftenden Schlichtefilm am Garn ergeben. Es konnte gezeigt werden, daß dem Schlichteprozeß bei der Herstellung von Verpackungsschnüren eine große Bedeutung zu kommt. Mit der Wahl geeigneter Schlichtemittel läßt sich die Festigkeit bis zu 22% steigern.

Konsequenz für die Praxis

Anhand vorliegender Ergebnisse kann man sagen, daß die wirtschaftliche Erzeugung einer ökologischen Verpackungsschnur nach dem Rotorspinnverfahren möglich ist.

Literatur
Schlußbericht, März 1998

Fördernde Institution
MLR

Förderkennzeichen
22-8214.07


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