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Forschungsreport
Identifikations- und Datenmanagementsystem für Tiere im Internet mit Tierzertifikaten am Beispiel des Pferdes

Förderkennzeichen: MLR 0222 E

B. Glöckler, Dr. Th. Raue - Haupt- und Landgestüt Marbach
01.02.2001 - 31.07.2003

Kurzfassung:
Problemstellung:

Für alle Pferde ist seit dem 01. Juli 2000 europaweit ein Equidenpass vorgeschrieben. Dieser Pass enthält alle wichtigen Kennzeichen und Daten des Pferdes, wie äußere Merkmale, Arzneimittel-Behandlungen und Impfungen. Er begleitet das Pferd bis zum Tod.

Die Erfassung dieser Daten erfordert von Pferdebesitzern und -verbänden einen erheblichen Verwaltungsaufwand.

Die Daten, die der Equidenpass fordert, sind jedoch nur zum Teil digital erfasst und in verschiedenen Domänen gespeichert. Verbraucherrelevante Informationen zum Beispiel hinsichtlich des Arzneimitteleinsatzes stehen für ein zentrales Datenmanagement nicht zur Verfügung. Das neue Verfahren soll dieses Problem lösen, indem es eine internetbasierte Kommunikationsplattform entwickelt, auf der sämtliche tierbezogenen Daten zusammengeführt werden.

Ziel:

Erprobung eines internetgestützten Identifikations- und Datenmanagementsystems für Pferde mit dem Ziel, einen elektronischen Tierausweis (Tierpass) einzuführen und die Anwendbarkeit solcher Verfahren auf andere Fragestellungen (Qualitäts- und Herkunftssicherung, Überwachung des Tierverkehrs, Tierschutz u.dgl.) zu prüfen.

Der Umgang mit den beschriebenen Tierdaten wird wesentlich komfortabler und rationeller durch eine Chipkarte im Kreditkartenformat - die sogenannte GOcard. Deren Prinzip ist einfach und genial zugleich: Die GOcard ist der Schlüssel, mit dem über das Internet das dazugehörige Daten-Schließfach des Pferdes geöffnet werden kann. Sämtliche Tierdaten können mit der GOcard aus der Datenbank aufgerufen, eingetragen oder aktualisiert werden.

Beides zusammen - GOcard und Internet-Datenschließfach - können als digitaler Equidenpass den herkömmlichen Pass und Papierformulare ersetzen. Deren Nutzer, wie Zuchtverbände, Gestüte und Pferdebesitzer, benötigen lediglich ein kleines Kartenlesegerät und einen internetfähigen PC.

Untersuchungsmethode:

Art der Untersuchung

Empirisch. Anhand von ausgewählten Tieren wird der gesamte tierbezogene Datenfluss in zertifizierbarer Form über ein internetgestütztes Datenmanagementsystem abgewickelt.

Erfassung der Tieridentitäten

Die Genprofile werden nach der standardisierten Methode aller Laboratorien durchgeführt.
Erfassung der Personenidentitäten

Als Registrierungsstelle im Sinne des Signaturgesetzes fungiert der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg e.V.

Komponenten der digitalen Unterschrift

Alle Komponenten kommen von Herstellern, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) anerkannt sind.

Datenbankaufbau und Hosting

Zum Einsatz kam zunächst ein Anwendungsserver (Interact!) der Firma OAR, Oberursel und danach Open Source Produkte und die Sprache Java.

Der digitale Equidenpass wurde in einem Modellprojekt getestet. Projektpartner hierbei waren das Haupt- und Landgestüt Marbach, der Pferdezuchtverband BW und die Heidelberger Firma Generatio.

Ergebnis:

Schaffung einer zentralen Datenverwaltung (ATC = Animal-Trust-Center)

Im ATC wird zu einem Tier genau eine genetische Identität auf der Basis einer Genotypenformel (GTF) erzeugt. Die Vergleichbarkeit der GTFs, z.B. bei Abstammungen, wird dadurch gewährleistet, dass nur GTFs von akkreditierten Laboren, die ihre Verfahren zur Herstellung der GTF offen gelegt haben, zugelassen werden.

Bestandsbuch (ATI = Animal-Trust-Infrastructure)

Die ATI umfasst im Bereich Pferde das Bestandsbuch, wo Tierdaten gepflegt werden können. Betreiber der ATI ist i.d.R. der Zuchtverband, eine Pferdepension oder der Züchter selbst. Der Zugriff kann für andere Nutzer frei geschaltet werden.

Elektronischer Equidenpass - Tierakte und Smartcard

Die Tierakte ist damit das elektronische Pendant zum papiernen Equidenpass. Die Planungen und Spezifikationen für den Equidenpass sind hier eingeflossen. Derzeit sind jedoch noch nicht alle Datenfelder des Equidenpasses implementiert, sondern nur die, die auch für andere Spezies Geltung haben. Eine Ausweitung der Datenmenge ist jedoch jederzeit möglich.

Die GOcard (Smartcard) als "stoffliches Pendant" zum Equidenpass dient als Schlüssel zum Öffnen dieser Akte, um Tierdaten zu lesen oder um Daten über die Anwendung hinzuzufügen.

Konsequenzen für die Praxis:

Tierakten mit geprüften genetischen Informationen können für Pferde sowie für die Spezies Rind, Schwein und Hund bereit gestellt werden. Für Tiere, deren Elterntier(e) ebenfalls im ATC erfasst wurden, kann eine automatische Abstammungsüberprüfung durchgeführt werden.

Für das Pferd wurde im Projekt ein lauffähigere Prototyp erstellt. Zudem wurden alle notwendigen Vorarbeiten getroffen, die einen Ausbau der vorhandenen, prototypischen ATI möglich machen. Hierzu zählen

  • die Erfassung der Vorgänge (Vergabe der Lebensnummer, Deckmeldung, Zuchtbrand, Sammelimpfung, etc.)
  • die Definition der Rollen und Rechte (Pferdehalter, Zuchtleiter, Tierarzt, etc.)
  • die Erstellung von prototypischen Masken

Partner für eine Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis wären idealer weise ein größerer Zuchtverband in Zusammenarbeit mit beispielsweise der VIT in Verden als Lieferant der Stamm- und Zuchtdaten der Pferde.

Weiterhin muss die Verbreitung der Smartcard und damit einhergehend die Verbreitung der notwendigen Infrastruktur noch vorangebracht werden.

Im Projekt wurden die ersten Erfolge erzielt. Die Integration von Smartcard-Funktionalität in der ATI-Anwendungen ermöglicht es dem Anwender auf komfortable Weise, ohne sich Benutzername und Passwort merken zu müssen, seine Daten zu verwalten.

Am Positivsten wird am Markt derzeit die Tierakte als Medium der Speicherung verlässlicher Informationen zum Tier aufgenommen. Vor allem setzt zur Zeit die Fleischwirtschaft bei Rind und Schwein voll auf die "Elektronische Tierakte" in Verbindung mit dem genetischen Fingerabdruck.


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