Forschungsreport
Untersuchung der ökonomischen Nachhaltigkeit des ökologischen Gemüseanbaus in Baden-Württemberg
Förderkennzeichen: MLR 0238 E
M. Bietsch / C. Hintze
LVG Heidelberg
Juni 2001 - März 2003
Kurzfassung:
Problemstellung
Da äußerst wenig Datenmaterial bezüglich des ökologischen Gemüseanbaus hinsichtlich Produktion, Vermarktung und Arbeitswirtschaft vorhanden ist, fehlen Entscheidungs- und Beratungsgrundlagen für die Branche und für Umstellungsinteressierte. Direktvermarktende Produktionsbetriebe und deren betriebswirtschaftliche Analyse werden in der Literatur als Gesamtorganismus kaum beschrieben.
Ziel
Planerische Instrumente für Betriebe und Beratung sollen entwickelt werden, um Ansatzpunkte zur Sicherstellung der ökonomischen Nachhaltigkeit aufzuzeigen.
Untersuchungsmethode
Grundlagendaten zur Struktur der Produktion und Vermarktung hinsichtlich des Arbeitszeitbedarfs wurden durch eine Interviewbefragungen bei 90 Produktionsbetrieben verschiedener Anbauverbände in Baden-Württemberg erfasst. Des weiteren erfolgte eine vertiefende Umfrage bei 18 Betrieben im süddeutschen Raum zu Produktionsverfahren, wobei der Schwerpunkt auf Feingemüse gelegt wurde. Die gewonnenen Daten wurden konventionellen Werten gegenübergestellt. Die Auswertung der Daten erfolgte mit Gruppenbildungen bezüglich der Absatzformen. Durch Verknüpfung mit vorhandener betriebswirtschaftlicher Literatur zum ökologischen Gemüsebau (u.a. Kennzahlen Sonderauswertung 2003, Arbeitskreis Betriebswirtschaft, Hannover) wurden Modellbetriebe kreiert.
Ergebnisse
Der Biogemüseanbau in Baden-Württemberg ist kleinstrukturiert, 70% der Betriebe haben einen geschützten Anbau mit durchschnittlich 2.300m². Kennzeichnend ist weiterhin die hohe Leistungsfähigkeit in der Direktvermarktung. Schwerpunktregionen sind Südbaden, der Bodensee- und der Stuttgarter Raum. Die Vielfalt der Betriebe zeigt sich unter anderem daran, dass im Mittel drei verschiedene Vermarktungswege von einem Betrieb bedient werden. Im Gesamtdurchschnitt verteilt sich der Umsatz aus Sicht der befragten Produktionsbetriebe auf folgende Vermarktungswege: 19% Hofladen, 30% Wochenmarkt, 12% Lieferservice, 20% Naturkostgroßhandel bzw. Erzeugergemeinschaft, 15% Wiederverkäufer (Einzelhandel / Kollegen / Großmarkt). Im Durchschnitt ist die Freilandfläche der Ökobetriebe 5,2 ha groß. Der gemittelte Bedarf an Arbeitskräften pro Fläche ist aufgrund des breiten Anbauprogramms und der zeitintensiven Direktvermarktung im Biogemüseanbau mit 0,8 AK/10.000 EQM (inkl. 0,3 AK für die Vermarktung) größer als im konventionellen Anbau. Die erwirtschaftete Leistung pro Flächeneinheit ist im Ökoanbau niedriger, da der 20%-ige Gründüngungsanteil betriebswirtschaftlich nur Kosten verursacht und nicht zum Erfolg beiträgt. Der höhere Preis für Biogemüse (Durchschnittswert nach ZMP: + 63,5%) muss das geringere Ertragsniveau (Mittelwert bei Freilandkulturen: -30%) und die zusätzlichen Kosten des Bioanbaus ausgleichen. In Bilanzanalysen zeigt sich ein geringeres Lohnniveau im Vergleich zu konventionellen Kollegen. Der Kostenblock Arbeit beansprucht im Ökoanbau 50% der Gesamtkosten und geht auf arbeitsintensivere Verfahren bei der Unkrautbekämpfung, Ernte und Marktaufbereitung zurück. Die folgende Grafik zeigt Kostenstruktur, Reinertrag und Betriebsergebnis verschiedener Modelltypen.
Als Hemmfaktoren, die der Betriebsentwicklung entgegenstehen können, geben die Befragten an, dass die Verfügbarkeit von Arbeitskräften zusammen mit dem Lohnniveau das größte zukünftige Probleme darstelle. Weiterer entscheidender Faktor ist das Preisniveau. Um auch in Zukunft leistungsstark zu bleiben, muss genügend Spielraum für Investitionen vorhanden sein.
Konsequenzen für die Praxis
Erfolgreiche Betriebsführung benötigt neben klaren Organisationsstrukturen Transparenz der betriebswirtschaftlichen Vorgänge aller Teilaktivitäten des Unternehmens. Managementfähigkeiten kombiniert mit zeitnahem Controlling sind Schlüsselfaktoren im ökologischen Gemüseanbau der Zukunft.
Literatur:
- Abschlußbericht März 2003, "Strukturen des Ökogemüseanbaus" in ZMP Ökomarktforum 11/2002,
- "Strukturen des Ökogemüseanbaus in Baden-Württemberg" in Gemüse 12/2003,
- "Biobonus für Gemüse" in Taspo-Magazin 2/2003, siehe auch Landinfo 4, 8/2002