Agrarforschung
Untersuchungen der Zusammenhänge zwischen Coxiella burnetii und Chlamydien-Infektionen bei Landwirten und Rindern aus Betrieben mit
Fortpflanzungsstörungen
J. König, Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart, Sitz Fellbach, Außenstelle Stuttgart
Januar 1998 - September 1999
Problemstellung
Coxiella burnetii (C. burnetii), der Erreger des Q-Fiebers und Chlamydien sind wichtige Zoonosenerreger, die aber auch als Ursache von Fortpflanzungsstörungen bei Rindern erhebliche wirtschaftliche Verluste verursachen können. Während bei Q-Fieber-Epidemien des Menschen überwiegend erregerausscheidende Schafe und Zecken als Ursache anzunehmen sind, ist über die Bedeutung von Rindern bei der Übertragung dieses Erregers auf den Menschen sehr viel weniger bekannt. Dies gilt in noch ausgeprägterem Maße für Chlamydien-Infektionen. Ungenügendes Wissen ist insbesondere darüber vorhanden, in wie weit Zusammenhänge zwischen Rinderbetrieben mit Fortpflanzungsstörungen und dem Nachweis von C. burnetii- oder Chlamydien- Infektionen bei diesen Tieren sowie den Landwirten bestehen.
Ziel
Um das Risiko von Infektionen mit C. burnetii und/oder Chlamydien bei Landwirten im Vergleich zu Personen ohne Kontakt zu landwirtschaftlichen Nutztieren abschätzen zu können, wurden zunächst Landwirte aus Betrieben fortpflanzungsgestörter Rinder mit Personen aus städtischen Regionen, die als Kontrollgruppe dienten, vergleichend serologisch untersucht. Darüber hinaus war es Ziel, geeignete Testsysteme für den direkten und indirekten Nachweis von C. burnetii und Chlamydien bei Rindern selbst zu entwickeln, sowie kommerzielle Testsysteme einzusetzen und vergleichend zu untersuchen. Mit Hilfe dieser Untersuchungen sollen abschließend unter Anwendung statistischer Methoden Zusammenhänge zwischen labordiagnostischen Ergebnissen der Landwirte und denen ihrer Tiere aufgezeigt werden. Darüber hinaus war es Ziel, klinische Symptome der untersuchten Rinder mit dem Nachweis der genannten Erreger in Verbindung zu bringen.
Untersuchungsmethoden
Die Untersuchungen der Landwirte und der Personen der Kontrollgruppe wurden unter Anwendung eines C. burnetii-IgG-Antikörper- und
eines -genuspezifischen Chlamydien-Antikörper-ELISA durchgeführt. Eine Unterscheidung speziesspezifischer
Chlamydien-Antikörper erfolgte bei den im ELISA positiv reagierenden Humanseren mit Hilfe der Immunfluoreszenztechnik. Hierbei konnten
Antikörper gegen Chlamydia psittaci (C. psittaci),
C. pneumoniae und C. trachomatis differenziert werden. Für den direkten Nachweis von C. burnetii und Chlamydien aus
Genitaltupferproben von Rindern wurden Capture-ELISA-Testsysteme eingesetzt. Untersuchungen dieser Rinder auf Antikörper gegen C.
burnetii erfolgten mit Hilfe eines selbsthergestellten ELISA und der Komplementbindungsreaktion (KBR). Für serologische Untersuchungen
auf Chlamydien-Infektionen kamen drei verschiedene ELISA-Tests und die KBR zum Einsatz. Bei den ELISA-Tests handelte es sich um einen
selbsthergestellten ELISA, einen ELISA des Institutes für epidemiologische Diagnostik der Bundesforschungsanstalt für
Viruskrankheiten der Tiere in Wusterhausen/Dosse und einen kommerziellen ELISA. Abschließend wurden mit Hilfe des Statistik-programmes
EPI-Info 5.Olb (1991) Unterschiede der Ergebnisse der serologischen Untersuchungen der Landwirte und der der Kontrollgruppe und
Zusammenhänge zwischen den Laborbefunden der Landwirte und denen ihrer Rinder sowie anderer im Betrieb gehaltener landwirtschaftlicher
Nutztiere wie Hühner und Schweine aufgezeigt.
Ergebnisse
Vergleichende serologische Untersuchungen von 262 Personen aus 105 Rinderbetrieben mit Fortpflanzungsstörungen zeigten für diesen Personenkreis im Vergleich zu 93 Personen aus städtischen Regionen ein signifikant erhöhtes Risiko einer Q-Fieber-Infektion auf.
Vergleichende serologische Untersuchungen der-selben Gruppen bezüglich C. psittaci Infektionen ergaben keine signifikanten Unterschiede.
Für Untersuchungen der Rinder der in die Studie einbezogenen Landwirte haben sich direkte (Antigen-Capture-ELISA) wie auch indirekte (Antikörper-ELISA) Nachweisverfahren bewährt. Vergleiche der angewendeten serologischen Methoden (ELISA, KBR) untereinander ergaben Werte der Gesamtübereinstimmung von 76% bis 86%. Während serologische Methoden zur Untersuchung auf C. burnetii-Infektionen eine Gesamtüberein-stimmung mit dem direkten Nachweis dieses Erregers von 78% bis 87% aufwiesen, lagen die entsprechenden Werte für die Untersuchungen der Chlamydien Infektionen bei 63% bis 69%. Vergleiche aller drei verwendeten serologischen Chlamydien-ELISA-Tests untereinander sowie mit der KBR ergaben mit 76% bis 82% Gesamtübereinstimmung der Ergebnisse vergleichbare Werte.
Die Rinder der untersuchten Betriebe fielen besonders durch Vaginalausfluß (15%), mehrfach erfolglose Besamungen (13%), Aborte (6%) und Nachgeburtsverhaltungen (3%) auf. Rinder mit Vaginalausfluß reagierten signifikant häufiger in der C. burnetii-KBR und im Chlamydien-Antikörper-ELISA positiv als Rinder ohne Vaginalausfluß. Untersuchungen mehrfach erfolglos besamter Rinder zeigten, daß diese Tiere gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant häufiger positive Reaktionen im selbsthergestellten Chlamydien-Antikörper-ELISA und im Chlamydien-Antigen-ELISA aufwiesen. Legt man die Ergebnisse des Antikörper- oder Antigen-ELISA-Tests als Nachweis stattgefundener C. burnetii-Infektionen zugrunde, ergaben sich für Rinder mit Aborten und für Rinder mit Nachgeburtsverhaltungen signifikant häufiger Infektionen mit diesem Erreger als für Rinder ohne diese Symptome.
Landwirte aus Betrieben mit einer Seroprävalenz im ELISA von >20% für C. burnetii oder Chlamydien wiesen signifikant häufiger Antikörper gegen C. burnetii, nicht aber gegen Chlamydien auf als Landwirte aus Betrieben mit Seroprävalenzen von <20%. Darüber hinaus zeigten Landwirte, die Rohmilch ihrer Kühe konsumierten, signifikant häufiger Antikörper gegen C. burnetii als Landwirte, die keine Rohmilch verkosteten.
In Hinblick auf die Haltung weiterer landwirtschaftlicher Nutztiere wie Hühner oder Schweine ergab sich nur für hühnerhaltende Landwirte eine erhöhtes Risiko einer Infektion mit C. psittaci.
Konsequenz für die Praxis
C. burnetii und Chlamydien sind wichtige Zoonosenerreger deren Bedeutung für Personen mit engem Tierkontakt in dieser Arbeit aufgezeigt werden konnte.
Serologische Methoden unter Anwendung der ELISA-Technik haben sich als geeignet erwiesen, beim Menschen Infektionen mit diesen Zoonosenerregern nachzuweisen und sind somit für Screening-Untersuchungen von Risikogruppen geeignet. Aufgrund weit verbreiteter Infektionen in der Bevölkerung mit C. pneumoniae sind die im Chlamydien ELISA positiv reagierende Seren mittels speziesspezifischem Immunfluoreszenztest zu verifizieren.
Serologische Methoden und Methoden des direkten Erregernachweises konnten für den Nachweis von C, burnetii- und Chlamydien-Infektionen in Rinderbeständen erfolgreich eingesetzt werden. Bewährt hat sich hierbei die ELISA-Technik sowohl für den Antikörper als auch Antigen-Nachweis. Mittels dieser Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß rinderhaltende Landwirte eine Personengruppe mit erhöhter Infektionshäufigkeit für C. burnetii darstellen, so daß grippeähnliche Erkrankungen bei diesen Personen differentialdiagnostische Bedeutung haben. Der Konsum von Rohmilch ist auch als Ursache von Q-Fieber-Infektionen zu berücksichtigen. Dies deutet darauf hin, daß Rinder nicht nur über das Genitale und Nachgeburten sondern auch über die Milch C. burnetii in Mengen ausscheiden, die für Infektionen ausreichen können. Die Ausscheidung von C. burnetii über die Milch stellt somit auch eine mögliche Infektionsquelle Rohmilch konsumierender Personen dar und sollte deshalb bei Diskussionen zur Abgabe von Rohmilch (Vorzugsmilch) berücksichtigt werden.
Was C. psittaci anbetrifft konnte für rinderhaltende Landwirte im Vergleich zu Personen ohne direkten Tierkontakt kein erhöhtes Infektionsrisiko nachgewiesen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß der Anteil C, psittaci-seropositiver Landwirte, die neben Rindern Hühner hielten, im Vergleich zur Landwirten ohne Hühnerhaltung signifikant erhöht war. Dies entspricht Berichten über die Übertragung pathogener C. psittaci-Stämme besonders durch Vögel und teilweise durch Schafe.
Rinder aus Betrieben, die aufgrund aufgetretener Fortpflanzungsstörung für diese Studie ausgewählt worden waren, zeigten vor allem Vaginalausfluß, vermehrte erfolglose Besamungen, Aborte und Nachgeburtverhaltungen. In Betrieben mit diesen Erscheinungen ist nachweislich mit C. burnetii und/oder Chlamydien-Infektionen und einem erhöhten Infektionsrisiko für den Menschen zu rechnen. Unter diesen Gesichtspunkten und der eingeschränkten Therapiemöglichkeiten von Rindern ist insbesondere für Problembetriebe sowie Rohmilch abgebende Betriebe der Einsatz von Schutzimpfungen zu diskutieren.
Literatur
Abschlußbericht Oktober 1999
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