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Agrarforschung
Verbesserung der Anbau- und Markteignung  hochölsäurereicher Sonnenblumen

Universität Hohenheim, Landessaatzuchtanstalt
I. Gröne und E. v. Kittlitz                                                     
April 1991 - März 1994

Problemstellung

Die Verwendungsmöglichkeiten des Sonnenblumenöls werden in erster Linie von der Zusammensetzung des Fettsäuremusters bestimmt. Normale, sogenannte "konventionelle" Sonnenblumenkerne enthalten im Mittel in ihrem Öl ca. 6 % Palmitinsäure, 4 % Stearinsäure, ca. 20 % der einfach ungesättigten Ölsäure und ca. 70 % der zweifach ungesättigten Linolsäure (= low oleics = LO). Dieses Öl wird nahezu ausschließlich im Nahrungsmittelbereich für die Produktion von Margarine und Speiseöl verwendet.

Ölsäurereiche Sonnenblumen ("High oleics" = HO) hingegen enthalten im Mittel ca. 80-88 % Ölsäure und ca. 2-6 % Linolsäure in ihrem Öl. Wegen der andersartigen Zusammensetzung der Fettsäuren ist das ölsäurereiche Sonnenblumenöl vor allem für den oleochemischen Bereich ein interessanter nachwachsender Rohstoff.

Bislang wird Ölsäure aus dem preiswerten Abfallprodukt Rindertalg gewonnen. Hier muß der Ölsäuregehalt von 50 % auf ca. 70 % angereichert werden. Dieser Produktionsschritt könnte ganz entfallen, wenn ein Öl zur Verfügung steht, das bereits 85 % Ölsäure oder mehr enthält.

Das Ausgangsmaterial für die Züchtung hochölsäurereicher Sorten stammt aus einer in Nordamerika weiterentwickelten russischen Populationssorte. Hochölsäurereiche Genotypen aus diesem Material sind deshalb für unsere Verhältnisse zu spät reif und nicht standfest genug. Das daraus resultierende, züchterische Problem ist, die hohen Ölsäuregehalte solcher Genotypen mit einer an unsere Verhältnisse adaptierten Pflanzenentwicklung zu verbinden.

Ziel

Sonnenblumenzüchtung wird heute ausschließlich als Hybridzüchtung betrieben, wobei infolge ihrer Zwitterblütigkeit ein genisch-zytoplasmatisches Männlichsterilitätssystem (cms) zur Erzeugung von Hybridsaatgut benutzt werden muß. Ziel der Arbeiten war es deshalb, in dem hochölsäurereichen Zuchtmaterial dieses System zu etablieren. Für die Entwicklung leistungsfähiger Hybriden heißt das, daß die cms-Komponenten (A-Linien), Maintainer (B-Linien) und Restorer (R-Linien) in hochölsäurehaltiger Form in entsprechender Frühreife, Standfestigkeit und Kombinationseignung vorliegen müssen.

Untersuchungsmethoden

1. Fettsäuremuster und Ölgehalt

Die Untersuchung des Fettsäuremusters erfolgte gaschromatographisch. Der Embryo blieb bei dieser Methode unverletzt und konnte im Frühjahr ausgepflanzt werden. Der Gesamtölgehalt ist mit Hilfe eines kernmagnetischen Resonanzmeßgerätes (NMR) untersucht worden. Der Samen kann dabei zerstörungsfrei gemessen werden, d.h. die Keimfähigkeit wird durch diese Messung nicht beeinträchtigt; das untersuchte Material konnte also bei positiven Ergebnissen wieder ausgesät werden.

2. Entwicklung und Prüfung der Hybridkomponenten und der Hybriden

Die A-Linien (cms-Komponenten) wurden durch Rückkreuzung mit ihren B-Linien (Erhalter + Maintainer) erhalten und vermehrt. Die Nachkommenschaften dieser Rückkreuzungen müssen vollkommen steril sein. Dies war bei der Selektion durch Kontrolle der Blütenkörbe zu überprüfen.

Die Selektion der R-Linien (Restorer) erfolgte über Testkreuzungen mit einer A-Linie. Nur Restorer, die eine 100 % fertile Nachkommenschaft hatten, wurden in der Selektion weitergeführt.

Die Eigenleistung der A-, B- und R-Linien sowie die Leistung der Hybridkombinationen sind geprüft worden.

3. Vegetationsbeobachtungen

Die Lager-, Krankheitsanfälligkeit (Plasmopara, Sklerotinia) und Frühreife wurde beobachtet. Zusätzlich wurde der Reifezustand durch eine TS-Bestimmung bei der Ernte quantifiziert.

Ergebnisse

1. Züchterische Verbesserung der B- und R-Linien

B-Linien: In der Entwicklung leistungsfähiger B-Linien lag ein Schwerpunkt der Projektarbeit. Die B-Linien übertragen bei den Rückkreuzungen zur Erhaltung der dazugehörenden A-Linien ihre Gene, so daß nach mehreren Rückkreuzungen A- und B-Linien kerngenetisch identisch sind. Die B-Linien müssen aus diesem Grund möglichst viele der erwünschten agronomischen Merkmale besitzen, die die A-Linien als künftige Mutterkomponente einer Hybride aufweisen sollen.

Wichtigstes Kriterium für die Selektion der B-Linien war der Gehalt an Ölsäure und Gesamtöl. Linien mit weniger als 80 % Ölsäure und 40 % Gesamtölgehalt wurden nicht weitergeführt. Bei Abschluß des Projektes waren in allen Generationen insgesamt ca. 400 A-Linien vorhanden mit Ölgehalten bis zu 45 %. Eine positive Bewertung in agronomischen Merkmalen erhielten davon 110 Linien bei der Sklerotinabonitur, 165 Linien bei der Beurteilung der Lagerneigung und 104 Linien für eine frühere Abreife. Plasmopara wurde bei den B-Linien nicht beurteilt, da die Resistenz dominant ist und in der Hybridkombination von der R-Linie eingebracht werden soll.

R-Linien: Bei Projektabschluß lagen insgesamt 950 R-Linien in allen S- Generationen vor mit Mindestölgehalten von 42 % und Ölsäuregehalten von ebenfalls 80 %. Von diesen Linien wurden 188 positiv bei der Bonitur des Plasmoparabefalls bewertet, 81 Linien bei Sklerotina, 158 in der Lagerbonitur und 383 in der Frühreife. Die Restorer wurden als väterliche Komponente beim Aufbau einer Hybride eingesetzt. Der höhere Anteil (ca. 40 %) von R-Linien mit guter Abreife gegenüber ca. 25 % bei den B-Linien, erklärt sich aus der Abstammung der R-Linien aus adaptierten europäischen Sorten, während die B-Linien aus wenig adaptierten Basislinien, z.B. amerikanischer Herkunft, entwickelt werden mußten. (Maintainergene sind in den Hybridsorten nicht vorhanden und kommerziell interessante B-Linien von Sortenhybriden sind nicht frei zugänglich.)

In beiden Genpools der B- und R-Linien wurden im Projekt ca. 15 000 Linien auf ihren Ölsäuregehalt hin untersucht, wovon sich ca. 10 000 Linien als ölsäurereiches Material erwiesen. Die Ölsäuregehalte sind dann in den noch stärker spaltenden Generationen kontrolliert worden. Nur solche Linien, die stabile Gehalte an Ölsäure von über 80 % aufwiesen, wurden weitergeführt.

2. Herstellung von Experimentalhybriden

Das Saatgut für die Prüfung der Hybriden wurde von Hand hergestellt oder in Isolierhäusern mit Bienen in einem Topcross. Insgesamt wurden 311 Hybriden in einer Vorprüfung getestet und davon 137 in einer Hauptprüfung, 2 ortig, in jeweils 3 Wiederholungen, angebaut. Die Verrechnungssorte war Viki. Sie besitzt ein hohes Ertragspotential und stellt von der Reifezeit her die Grenze der Anbauwürdigkeit dar. Sie ist somit der geeignete Standard für das insgesamt relativ späte H0-Material. Die Erträge einiger H0-Experimentalhybriden lagen in diesen Prüfungen eindeutig über Viki. In der Reifezeit (Trockensubstanzgehalte bei der Ernte) erwiesen sich aber nur 21 Linien als geringfügig früher reif wie Viki. Die Selektion auf Kornertrag ist demnach erfolgreich gewesen. Höhere Erträge waren jedoch negativ korreliert mit früher Reife. Im Ölertrag zeigen sich ganz ähnliche Tendenzen, d.h. die Selektion auf hohe Ölerträge war durchaus erfolgreich; hohe Ölerträge waren aber nicht mit früher Reife zu vereinbaren. Im Ölgehalt lag ein großer Teil der Experimentalhybriden höher als Viki. Die Varianzanalyse der Versuche ergab einen hohen Einfluß des Ortes auf Korn- und Ölertrag. Die genotypischen Effekte erwiesen sich als hochsignifikant, wenn auch im Vergleich zu den Ortseffekten als relativ gering. Die züchterische Bearbeitung des Projektes erfolgte in der Fa. Südwestdeutsche Saatzucht Rastatt, die auch die gesamte, labormäßig nötige Ausstattung für die Öl- und Ölsäureuntersuchungen zur Verfügung stellte.

Konsequenzen für die Praxis

Die vorliegende Untersuchung hat eine Reihe von für die Pflanzenzüchtungspraxis wichtigen Ergebnissen gebracht: Hinsichtlich des Kornertrags, des Ölgehalts und damit auch des Ölertrags der ölsäurereichen Sonnenblumen, sind deutliche Verbesserungen gelungen. Bei Projektende konnten wir Hybriden selektieren, die in der Kombination von Kornertrag und Ölgehalt die Verrechnungssorte Viki übertrafen. Eine dieser Hybriden ist im Herbst '94 beim Bundessortenamt zur Sortenzulassung angemeldet worden. Alle 1993 geprüften Hybriden wiesen Ölsäuregehalte am Gesamtöl von 80 % und mehr auf. Nach wie vor besteht jedoch noch Züchtungsbedarf für die Verbesserung der Frühreife. Einige Hybriden sind in die Reifegruppe der Sorten Frankasol und Optisol einzugruppieren. Das Ziel muß hier sein, Frühreife mit guten Samenerträgen und hohem Ölgehalt zu verbinden.

Das jüngere Zuchtmaterial (S1 - S3) weist auf der Restorerseite wie auf der Seite der B-Linien höhere Anteile von in der Frühreife befriedigendem Material auf; d.h., daß wir für die weitere Selektion der angestrebten Kombination von Ertrag, Ölgehalt und Frühreife eine breitere Materialbasis zur Verfügung haben werden. Daß insbesondere die B-Linien hier verbesserungswürdig sind, soll hervorgehoben werden.

In der Untersuchungszeit wurde die Notwendigkeit einer konsequenten Krankheitsresistenzzüchtung deutlich (insbes. bei Plasmopara und Sklerotinia).

Der Anbau von ölsäurereichen Sonnenblumen hat bisher in bescheidenem Umfang Eingang in die Praxis gefunden. So konnten über Anbauverträge mit der oleochemischen Industrie 1994 auf Stillegungsflächen ca. 250 ha hochölsäurereiche Sonnenblumen angebaut werden. Dieses Öl wurde zu spezifischen Schmierstoffen verarbeitet. Darüber hinaus wurden in Baden-Württemberg im Bereich des biologischen Landbaus hochölsäurereiche Sonnenblumen für die Nutzung als Speiseöl angebaut.

Es ist also zu erwarten, daß das im vorliegenden Projekt entstandene bessere Zuchtmaterial bei einer weiteren Ausdehnung des Anbaus auch zum Zuge kommen wird.

Literatur: Abschlußbericht vom 22.2.1995

Fördernde Institution: MLR

Förderkennzeichen: 23 - 91 . 14


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