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Forschungsreport
Integrierende Auswertung von Waldwachstums- und Umweltdaten in Baden-Württemberg als Beitrag zur Ursachenanalyse und Abschätzung der Potentiale und Risiken veränderter Umweltbedingungen

Förderkennzeichen: MLR 0230 E
H. Spieker / H. P. Kahle / R. Unseld
Institut für Waldwachstum; Univ. Freiburg; Tennenbacherstrasse 4; 79106 Freiburg
Februar  2001 – Mai 2003

Kurzfassung
Problemstellung und Projektziel:

Das Wachstum europäischer Wälder hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. In früheren Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die Standortproduktivität auf vielen Standorten gestiegen ist. Dies bedeutet eine deutliche Beeinflussung von Struktur, Nährstoffkreislauf und genetischer Zusammensetzung der Wälder und es sind erhebliche Auswirkungen auf die mittel- und langfristige Entwicklung der Waldökosysteme zu erwarten. Mit der Kenntnis der Ursachen für die Wachstumsbeschleunigungen können die damit verbundenen Risiken und Potentiale abgeschätzt werden. Das Ziel des vom Ministerium für Ländlichen Raum finanzierten Forschungsprojektes besteht daher in einer eingehenderen Ursachenanalyse der beobachteten Wachstumsveränderungen der Wälder.

Untersuchungsmethoden

Für die Wälder Baden-Württembergs liegen dazu in großer räumlicher und zeitlicher Dichte in verstreuten Datenbanken Monitoringdaten vor, welche die Datengrundlage für die Auswertung darstellen. Neben Methoden der explorativen Statistik werden multivariate Methoden der Zeitreihen- und Geostatistik angewendet. Die Untersuchung gliedert sich in 3 Teile. Im ersten Teil werden zeitlich punktuelle Ereignisse näher betrachtet. Im zweiten Teil werden die kurzfristigen Schwankungen beim Wachstumsverhalten nicht nur für ein Jahr sondern für eine längeren Zeitperiode untersucht. Im dritten Teil werden auf Grundlage einer räumlichen Analyse von Wachstumsparametern Tendenzen veranschaulicht und Methoden vorgestellt, mit denen eingehendere Untersuchung von langfristigen Wachstumsänderungen unter Ausschluss der kurzfristigen Schwankungen möglich sind.

Ergebnisse und Ausblick:

Im ersten Teil wird zur Untersuchung der kurzfristigen Einflussfaktoren auf das Baumwachstum der Radialzuwachs von Bäumen des von einem Jahrhundertfrost geprägten Jahres 1956 sowie des im Frühsommer außergewöhnlich trockenen Jahres 1976 analysiert. Für das Jahr 1956 kann gezeigt werden, dass der Radialzuwachs deutliche räumliche Abhängigkeiten und Cluster aufweist. Während bei der Tanne starke Zuwachsreduktionen beobachtet werden, wächst die Fichte nach dem Frostereignis besser als in den Vorjahren. Die Ursache für den Rückgang des Radialzuwachses der Tannen und des Niveauunterschieds zur Fichte ist in dem außergewöhnlichen Frostereignis zu suchen, das besonders der frostempfindlichen Tanne stärker zusetzt. Die verschiedenen räumlichen Ausprägungen des Zuwachsrückganges der Tannen können nicht mit dem Frostereignis erklärt werden. Möglicherweise spielen hier die geomorphologischen sowie kleinräumig strukturbedingte Unterschiede eine Rolle.
Bei der Untersuchung des Trockenjahres 1976 zeigt sich, dass die Radialzuwachsreaktionen in Baden-Württemberg eine deutliche räumliche Strukturierung aufweist. Im Mittel liegt der Radialzuwachs der Fichten 1976 um rund 30 % unter dem Vergleichswert der 10-jährigen Periode davor. Die räumlichen Muster von Radialzuwachs- und Niederschlagsabweichung zeigen ausgeprägte Übereinstimmungen. Dies trifft insbesondere für Gebiete zu, in denen extreme Wertebereiche erreicht werden. Daraus wird deutlich, dass sich markante Klimaanomalien großräumig modifizierend auf den Baumzuwachs auswirken können. Eine Übereinstimmung zwischen den Mustern der Radialzuwachsreaktionen und der regionalen Wuchsgebietseinteilung, die sich an Standortsfaktoren orientiert, ist dagegen nicht erkennbar.
In zweiten Teil werden neben räumlichen Zusammenhängen auch zeitliche Zusammenhänge von Zuwachsreaktionen analysiert. Die Hauptfrage besteht darin, welche Ursachen und räumliche Strukturen die unterschiedlichen Ausprägungen von Wachstumsschwankungen mehrerer aufeinanderfolgender Jahre aufweist. Es werden hierzu zwei Ansätze zur Auswertung verwendet. Der erste Ansatz ist eine Clusterzentrenanalyse kombiniert mit einer Hauptkomponenten- und Diskriminanzanalyse. Beim zweiten Ansatz wird eine Sensitivitätsberechnung mit Regressionsanalyse durchgeführt. Aus den Ergebnissen der Analysen wird deutlich, dass die Fichten Baden-Württembergs trotz vorhandener kleinräumiger Variabilität ein großräumig einheitliches Wuchsverhalten hinsichtlich des Radialzuwachses zeigen. Wie bereits bei der Untersuchung des Trockenjahres 1976 wird auch hier offensichtlich, dass die Wachstumsreaktionen von Bäumen auf großen Skalenebenen in einheitlicher Weise erfolgen. Kleinstandörtliche Faktoren spielen demzufolge nur eine modifizierende Rolle. Als verantwortliche Faktoren werden die jährliche Niederschlagsmenge bzw. die Höhenlage bestimmt und diskutiert. Die Calciumversorgung der Bäume ist ebenfalls ein mitentscheidender Faktor bei den Wachstumsschwankungen der Fichten. Die landesweiten Zusammenhänge der Basenversorgung mit klimatischen Faktoren wird deshalb in die Diskussion miteinbezogen.
Im dritten Teil werden drei verschiedene Methoden vorgestellt mit denen langfristige Wachstumsveränderungen von Bäumen erfasst werden können. Es werden geostatistische Schätzverfahren, paarweise Vergleiche unterschiedlich alter Bäume sowie Bonitätsveränderungen während des Zeitraumes 1964 und 1983 betrachtet. Die Methoden erbringen vergleichbare Ergebnisse. In Baden-Württemberg hat demnach das Höhenwachstum und somit die Standortsproduktivität der Fichte während des Zeitraumes von 1964-83 um 10-20 % zugenommen. Schwerpunkte liegen auf dem Schwarzwald, der Baar und dem südlichsten Teil des Neckarlandes. Bei der Betrachtung bestimmter klimatischer Veränderungen sind keine Übereinstimmungen erkennbar. Es zeigen sich auffallende Parallelen zur durchschnittlichen Stickstoffdeposition der Jahre 1987-89.
Eine weiterreichende zeitliche Analyse häufig diskutierter Einflussfaktoren auf das beschleunigte Baumwachstum ist mit dem verwendeten Datenmaterial nur eingeschränkt möglich. Der markante Anstieg der Durchschnittstemperaturen erfolgt z.B. erst Anfang der 90er Jahre. Mit der Betrachtung von Stichprobebäumen, welche erst in jüngster Zeit vermessen wurden, können Tendenzen aufgedeckt werden, welche den Temperaturtrend möglicherweise auch im Baumwachstum sichtbar werden lassen.

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