Agrarforschung
Erfahrungen mit verschiedenen Ansaatmischungen für das Extensiv-Grünland
Dr. Gottfried Briemle, LVVG Aulendorf
1993-1998
Problemstellung
Im Zuge der ökologischen Sanierung von Teilen des Landschaftsschutzgebietes Deggenhausertal wurde die Lehr- und Versuchsanstalt Aulendorf auf Ersuchen des Landratsamtes Bodenseekreis vom Ministerium Ländlicher Raum beauftragt, die vegetationskundlich-standortökologische Betreuung zu übernehmen.
Ziel
Erklärtes Ziel der unteren Naturschutzbehörde war die Ablösung einförmiger Mais-Fruchtfolgen in erosionsgefährdeter Hanglagen durch die Etablierung von Dauergrünland. Voraussetzung dafür war die Extensivierung eines dort ansässigen Landwirtschaftsbetriebes, was die Umwandlung des Betriebstyps "Bullenmast" in "Mutterkuhhaltung" mit einer Besatzstärke von 1 RGV/ha zur Folge hatte. Ökonomisch war dies jedoch nur mit Hilfe von Ausgleichsleistungen über die Landschaftspflege-Richtlinie Baden-Württembergs möglich.
Untersuchungsmethode
Die Vorstellungen der Unteren Naturschutzbehörde gingen von Bereichen unterschiedlicher Nutzungsintensität aus, mit einer Neuansaat der bisherigen Ackerflächen mit geeigneten, der künftigen Nutzungsintensität und dem Standort angepaßten Mischungen:
Extensiv-Grünland : Keine Beweidung und Düngung mit max. 2 Schnitten/Jahr, der 1. Schnitt nicht vor dem 15. Juni.
Wirtschaftsgrünland : Beweidung und Düngung mit wirtschaftseigenem Dung (Gülle, Festmist), kombinierte Schnitt- und Weidenutzung von beliebiger Nutzungsintensität.
Die Mischungen für die Mähweiden des Wirtschaftsgrünlandes sollten den Ansprüchen der Mutterkühe und Kälber genügen. Daher wurde bei der artenmäßigen Zusammensetzung darauf geachtet, daß ausreichend Gräser mit hohen Futterwert vorhanden sind. Zur Aussaat kam die "Kräuter-Mähweide SM 28" der Firma SCHÖLL (17 % Leguminosen, 12 % Kräuter) bzw. die "GSW 3" aus den Aulendorfer Empfehlungen mit 9 % Weißklee. Die Mischungen fürs Extensivgrünland das ja vor allem eine puffernde Funktion gegenüber einem Naturschutzgebiet und der Deggenhauser Aach erfüllen soll, wurden neben einem höheren Anteil hochwüchsiger Gräser mit genügend Kräutern versehen. Mit der Umwandlung von Ackerland in Grünland war hier auch die Etablierung von artenreichen (bunten) Wiesen das erklärte Ziel. Zur Aussaat kamen hier zwei veränderte "GS 3"-Mischungen: Eine mit 7 % hohen Leguminosen und 12 % Kräutern, die andere mit 6 % Rotklee. Als zusätzliche Variante überließ man eine kleinere Fläche der Selbstberasung.
Ergebnis
Die Neuansaaten gelangen alle gut, erzielten einen zufriedenstellenden Narbenschluß und erbrachten TM-Erträge zwischen 90 und 120 dt. Allerdings erreichten die Energiegehalte des Weidefutters mit nur Ø 5,5 MJ NEL/kg TS noch nicht diejenigen Werte, die der hohe Futterwert von 7,5 verspricht.
Während im Ansaatjahr 1993 erwartungsgemäß neben einigen typischen Ackerunkräutern (Hühner-hirse, Melden- und Gänsefußarten) vor allem die Quecke stark vertreten war, ging dieser Platzräuber im 1. und 2. Hauptnutzungsjahr deutlich zurück und überließ den angesäten Futtergräsern das Terrain. Dies ist vor allem für die extensiver genutzten Bereiche erstaunlich, da z.E. keinerlei Herbizide eingesetzt wurden, z.A. die anstehenden Hanggley-Pelosole und kolluvialen Gleye von Natur aus sehr nährstoffreich sind und der Quecke daher standörtlich zusagen. Dies spricht jedoch für die Kampfkraft der angesäten Grasarten. Im Gegensatz zu Experimenten anderenorts mit der Etablierung von Extensivgrünland nach langjähriger Ackerperiode gab es hier keine Probleme mit der Acker-Kratzdistel.
Ein sofortiges Etablieren typischer Grünlandkräuter gelang allerdings nicht. Wie auch Erfahrungen anderenorts zeigten, fassen die mit der Futtermischung angesäten Arten nur sehr zögerlich Fuß, selbst dann, wenn die Saatstärke von 35 auf 20 kg/ha gesenkt und der Krautanteil merklich erhöht wurde. Allerdings zeichnet sich jetzt schon ab, daß die artenreicheren Ansaat-Mischungen auch auf der Fläche die vielfältigeren Pflanzenbestände zeigen.
Absolut gesehen hatte die Selbstberasung innerhalb von 3 Jahren die größten Zuwächse an Pflanzenarten, nämlich von 13 auf nicht weniger als 32! Zwar dominierten im ersten Beobachtungsjahr auch hier die Ackerunkräuter, allen voran die Hühnerhirse mit nicht weniger als 80 %. Allein durch eine Mindestnutzung, jedoch ohne Einflußnahme des Menschen auf die Artenausstattung, hat sich die spontan aufgekommenen Vegetation innerhalb von drei Jahren zu verfütterbaren Pflanzenbeständen entwickelt! In der Tat konnten sich mit 25 % Deutschem Weidelgras und 30 % Weißklee beste Futterpflanzen ansiedeln. Samen dieser beiden Arten mußten also aus früheren Grünland-Zeiten noch im Boden vorhanden gewesen sein.
Entwicklung der Artenzahl
Die Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Gesamtartenzahl im Bestand, und zwar ohne Unterscheidung zwischen angesäten und spontan aufgekommenen Arten. Hier wird deutlich, daß eigentlich nur die Selbstberasung und die krautreiche Mischung 4 reale Artenzuwächse aufweisen können, während die einfachen Futtermischungen bzw. die Mischung mit den meisten grünlandfremden Pflanzen Verluste hinnehmen mußten. Die relativ hohen Artenzahlen des Ansaatjahres sind auf die kurzlebigen Acker-unkräuter zurückzuführen.
: Entwicklung der Gesamtartenzahl bei den verschiedenen Mischungen
Futterwertzahl des lebenden Bestandes
Die Futterwertzahl nach KLAPP et al. (1953) gibt Auskunft darüber, welche Pflanzenarten in grünem Zustand überhaupt und wie
gern vom Vieh gefressen werden. Er wird in eine 8-stufige Skala eingeteilt von 1 = giftig bis 8 = höchster Futterwert (vollwertige
Futterpflanze). Seine Entwicklung wird in Abbildung 2 wiedergegeben.
: Entwicklung der Futterwertzahlen (WZ) nach KLAPP
Literaturhinweis
Siehe Versuchsbericht ans MLR, Tätigkeitsbericht der Anstalt
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