Forschungsreport
Entwicklung von Hybridroggen mit Resistenz gegen Ährenfusarium und Toxinakkumulation - Förderkennzeichen: MLR 0124 E
T. Miedaner und H.H. Geiger
Landessaatzuchtanstalt und Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik - Universität
Hohenheim
April 1999 - Juni 2001
Kurzfassung:
Problemstellung
Ährenfusariosen werden durch die Schadpilze Fusarium graminearum und F. culmorum bei feuchten Bedingungen zur Witterung ausgelöst. Sie führen zu einem vorzeitigen Ausbleichen der Ährchen, ausbleibender Kornentwicklung und/oder Verringerung des Tausendkorngewichts sowie einer Anreichung von Mykotoxinen im Erntegut. Als wichtigstes Mykotoxin gilt bei kleinkörnigen Getreidearten weltweit das Deoxynivalenol (DON), das für Tier und Mensch gefährlich ist. Die Diskussion um die Einführung möglicher Grenzwerte für DON zeigt die Aktualität dieses Forschungsvorhabens. Dabei wird derzeit eine Höchstmenge von 0,5 mg/kg für Getreideerzeugisse bzw. 0,35 mg/kg für Brot und Backwaren sowie 0,1 mg/kg für Säuglings- und Kleinkindernahrung angestrebt. Im Sinne des Verbraucherschutzes und der Interessen der Landwirte sollte die Kontamination des Erntegutes mit Mykotoxinen bereits auf dem Feld durch angepaßte pflanzenbauliche Maßnahmen bzw. den Anbau resistenterer Sorten vermieden werden.
Ziel
Ziel ist die Entwicklung von Ausgangsmaterial für die Züchtung Fusarium -resistenter Hybridroggensorten, die nur geringe Mykotoxingehalte im Erntegut aufweisen, die Ermittlung quantitativ-genetischer Parameter bezüglich Resistenz und DON-Armut sowie die Korrelation zwischen Symptombonitur und DON-Gehalt im Erntegut. Diese züchterischen Kenngrößen sind erforderlich, um eine optimale Züchtungsstrategie zur Verbesserung der Resistenz gegen Ährenfusariosen entwickeln zu können.
Untersuchungsmethode
Die zu prüfenden Genotypen wurden in Feldversuchen in Mikroparzellen an je zwei Orten mit zwei Wiederholungen angebaut und mit F. culmorum -Isolaten bekannter Aggressivität und DON-Produktion inokuliert. Diese erfolgte durch Besprühen der Ähren aller Genotypen auf dem jeweiligen Ort während der Blüte mit einer Sporensuspension von 5 x 10 5 Konidien/ml. Um Blühzeitunterschiede der Genotypen möglichst auszugleichen, wurde die Inokulation einige Tage später in derselben Weise wiederholt. Als Resistenzmerkmal diente eine zwei- bis dreimalige, zeitlich gestaffelte Bonitur der Symptome auf einer neunteiligen Skala (1=nicht befallen, 9=alle Ährchen befallen). Diese Ährenbonituren wurde auf Parzellenbasis durchgeführt. Zur DON-Analyse wurde eine Kornstichprobe von ausgewählten Genotypen mit einem kommerziellen ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) untersucht.
Ergebnisse
Die genotypische Variation war, mit Ausnahme eines Experimentes 1999, signifikant (P=0,01), der mittlere DON-Gehalt variierte bei den Testkreuzungen 1999 von 12 - 38 mg/kg, bei den Linien 2000 von 4 bis 35 mg/kg. Allerdings spielte auch die Genotyp-Orts-Interaktion eine große Rolle.
Zwischen den S 2 -Linien und ihren korrespondieren Testkreuzungen wurde weder für die Ährenbonitur noch für den DON-Gehalt eine züchterisch verwendbare Korrelation gefunden. Die Linien müssen deshalb im Rahmen der Hybridzüchtung getrennt auf Eigen- und Kreuzungsleistung bezüglich ihrer Fusarium -Resistenz selektiert werden. Dies erhöht den Aufwand erheblich und erschwert folglich die Selektion erheblich.
Zwischen der Ährenbonitur und dem DON-Gehalt fand sich für die Linien keine Korrelation (r=0,24). Für die Testkreuzungen war die Beziehung in beiden Jahren deutlich enger (r=0,5 - 0,7); die genotypische Korrelation lag in beiden Jahren zwischen 0,70 und 0,90. Für die praktische Hybridroggenzüchtung bedeutet dies, dass die Selektion auf Fusarium -Resistenz an Testkreuzungen erfolgen muss. Im Hinblick auf die signifikante Korrelation zwischen Krankheitssymptom und DON-Gehalt bei den Testkreuzungen ist die aufwändige Bestimmung des Letzteren nur in späteren Generationen erforderlich.
Aufgrund der großen genetischen Variation und der vorwiegend additiven Vererbung der Resistenz ist eine Rekurrente Selektion aussichtsreich. Dadurch sollte sich die DON-Belastung des Erntegutes in Zukunft erheblich vermindern lassen.
Konsequenzen für die Praxis
Bei Roggen lassen sich im adaptierten Zuchtmaterial Genotypen finden, die deutlich weniger Ährensymptome und geringere DON-Gehalte im Erntegut zeigen. Diese genotypische Reaktion ist stark abhängig von den jeweiligen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen während der Inokulation und Kornreifephase. Deshalb ist der Befall mit Fusarium -Arten an einem gegebenen Standort auch nur schwer vorhersagbar und es sind für die Selektion resistenter Genotypen und die Bearbeitung pflanzenbaulicher Fragen Prüfungen in mehreren Umwelten (Orte, Jahre) nötig. Der Zusammenhang zwischen dem Ährenbefall und dem Mykotoxingehalt im Korn war signifikant, aber nicht sehr eng. Bei natürlichem Befall dürfte er noch geringer sein. Dies zeigt, daß Möglichkeiten zur einfachen und raschen Bestimmung von Mykotoxinen im Erntegut noch größere Bedeutung zukommt als bisher vermutet. Die beste Prophylaxe zur Verringerung der Mykotoxinbelastung sind angepaßte pflanzenbauliche Maßnahmen und die Verwendung resistenter Sorten. Resistenz und verringerte DON-Akkumulation werden von einer größeren Zahl von Genen vererbt, deren unterschiedliche Allele weitgehend additiv zusammenwirken. Durch Rekurrente Selektion sollte es mittelfristig möglich sein, die Widerstandsfähigkeit von Roggen im adaptierten Genpool deutlich zu steigern und den DON-Gehalt im Erntegut zu senken.
Literatur:
- Abschlußbericht, September 2001
- Landessaatzuchtanstalt. 2001. Tätigkeitsbericht 1999 und 2000. S. 24-25.
- Miedaner, T., C. Reinbrecht, M. Schollenberger und U. Lauber. 2000. Vorbeugende Maßnahmen gegen Befall mit Ährenfusariosen und Mykotoxinbelastung des Getreides. Mühle + Mischfutter 137: 485-489.
- Miedaner, T., Wortmann, H., and Geiger, H.H. 2001. Genetics of deoxynivalenol (DON) contamination caused by Fusarium head blight in hybrid rye. Plant Breeding and Seed Science, Radzikow, Poland (In Press).