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Forschungsreport

Kurzfassung des Abschlußberichts für die Zeit vom 01.05.2001 - 30.04.2004 zum Forschungsvorhaben mit der Projekt-Nr. 0218E, gem. Schreiben des MLR vom 01.03.2001 zu dem Forschungsprojekt

Erprobung von Verfahren der biologischen Schädlingsbekämpfung in Pilotbetrieben des Freilandgemüsebaus

Dr. Reinhard Albert und Melanie Störmer
Landesanstalt für Pflanzenschutz, Reinsburgstr. 107, 70197 Stuttgart
01.05.2001 - 30.04.2004

Kurzfassung

Problemstellung

Im Anbau von Freilandgemüse wie Lauch, Schnittlauch, Möhre, Rucola oder Brokkoli werden in konventionellen Betrieben Insektizide in großem Umfang und mit zum Teil hoher Frequenz zur Bekämpfung von Schädlingen wie Thripsen, Minierfliegen, Gemüsefliegen, Schadschmetterlingen und anderen angewandt. Alternativen sind zum Teil vorhanden, werden aber eher im ökologischen als im konventionellen Anbau eingesetzt. Diese Alternativen mussten in Pilotbetrieben auf ihre Anwendbarkeit und Wirkung in Praxisbetrieben überprüft werden, bevor sie der Praxis anempfohlen werden können.

Ziel der Untersuchung

Da die Möglichkeiten der biologischen Bekämpfung im Freiland verglichen mit denen im Unterglasanbau sehr stark eingeschränkt sind, wurden neben dem Nützlingseinsatz und der Anwendung von mikrobiellen Antagonisten auch Methoden der Pflanzenstärkung mit mikrobiellen Antagonisten erprobt. Überprüft werden sollte, ob deren Anwendung eine Verbesserung der Pflanzenqualität und eventuell eine Verringerung eines Schädlingsbefalls ergibt. Die Anwendung von Pflanzenextrakten zur Schädlingsbekämpfung und -vergrämung war ebenfalls Untersuchungsgegenstand. Pflanzenschutzmittel auf mikrobieller Basis wurden erprobt und die Wirkung mit synthetischen Insektizide verglichen. Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeiten lag auf der Erprobung von mechanischen Barrieren zur Schädlingsabwehr und in wenigen Versuchen auch zur Unkrautunterdrückung.

Ziel der Untersuchung war es, den intensiven Einsatz von Insektiziden in Kulturen des Freilandgemüsebaus durch die Anwendung biologischer Pflanzenschutzsysteme zu ersetzen. Ziel der einzelnen Versuche war stets die Gesunderhaltung der gesamten Pflanze oder des gesamten Bestandes. Somit wurde weniger die Bekämpfung einzelner Schaderreger vorangetrieben, sondern versucht, die gesamte Pflanze und den gesamten Bestand frei von Schädlingen und Schadorganismen zu halten.

Untersuchungsmethode

Versuche zur Pflanzenstärkung wurden mit zwei mikrobiellen Pflanzenstärkungsmitteln durchgeführt. Wirksame Bestandteile waren die Bakterie Bacillus subtilis- (‚FZB 24’, Biostimulator SP 11’) oder der Pilz Trichoderma harzianum (‚Promot’, ‚Trichosan’, ‚TRI 003’), die an Lauch, Petersilie, Feldsalat, Radies, Schnittlauch, Rucula und Zucchini in Praxisbetrieben sowie im Versuchsgewächshaus an vielen Gemüsesämlingen (Chinakohl, Brokkoli, Weißkohl, Blumenkohl, Radies, Stangenbohne, Zwiebel, Paprika, Knollensellerie, Gurke, Melone, Kopfsalat, Tomate, Möhre, Mairübe, Winterpostelein) zum Einsatz kamen. Zur Thripsbekämpfung bei Schnittlauch wurden verschiedene biologische und synthetische Pflanzenschutzmittel (‚NeemAzal-T/S’, ‚Spinosad 480’ (Conserve in doppelter Aufwandmenge), ‚Conserve’, ‚Vertimec’, ‚Calypso Ultra’ und ‚Karate mit Zeon Technologie’) erprobt. Versuche zur Schneckenabwehr erfolgten mit einem Knoblauchpräparat (‚Sluggit’) aus Großbritannien. Ein weiteres Knoblauchmittel derselben Herkunft wurde in einem Versuch zur Bekämpfung der Möhrenfliege Psila rosae angewandt. Neben ‚NeemAzal-T/S’ (Wirkstoff Azadirachtin aus Neemsamen plus Synergisten Pflanzenöl und Detergenz) wurden weitere biologische Pflanzenschutzmittel (Quassia (Extrakt aus Quassiaholz), ‚Telmion’ (Rapsölpräparat, jetzt MICULA), ‚XenTari’ (Bacillus thuringiensis), ‚PreFeRal’ (Pilz Paecilomyces fumosoroseus) auf ihre Wirkung auf tierische Schädlinge besonders bei Lauch untersucht. Nützlinge (Nematode Steinernema feltiae, Kurzflügelkäfer Aleochara bilineata, Raubmilben Amblyseius barkeri und A. cucumeris) wurden an den Kulturen Brokkoli, Lauch, Rucola oder Möhren in Praxis- und Versuchsbetrieben erprobt. Hauptschwergewicht der Arbeiten lag auf der Erprobung und verstärkten Praxiseinführung von Netzen und Vliesen zur Abwehr der wichtigsten Schädlingsarten an Kulturen wie Lauch, Möhre und anderen.

Ergebnisse

Eine detaillierte Darstellung der vielen durchgeführten Versuche ist hier nicht möglich. Die Tabelle 1 gibt einen vereinfachten Gesamtüberblick über alle in Freilandversuchen ermittelten Ergebnisse. Ein Plus ( + ) bedeutet, dass das angewandte Verfahren im Vergleich zu anderen Varianten inklusive der unbehandelten Kontrollen einen besseren Bekämpfungs- oder Abwehrerfolg erbrachte. Eine Null ( 0 ) signalisiert, dass bei der Wirkung im Vergleich zu anderen Varianten inklusive der/den Kontrolle(n) kein oder nur ein geringer Unterschied auftrat. Ein Minus ( - ) zeigt eine schlechtere Wirkung als in der/den Kontrolle(n) an. Ein Fragezeichen ( ? ) bedeutet, dass der Schädling nicht oder kaum aufgetreten ist und eine Bekämpfung nicht durchgeführt werden musste.

Die Pflanzenstärkungsmittel auf mikrobieller Basis (Bacillus subtilis und Trichoderma harzianum) bewirkten bei einigen der untersuchten Kulturen (Kohl- und Zwiebelgemüse) im Freiland ein deutlich besseres und schnelleres Wurzelwachstum und führten häufig auch zu besseren Pflanzenqualitäten. Dies war besonders bei Lauch der Fall. In mehreren Versuchen wurde der Einfluss eines T. harzianum-Präparates auf gesäte Jungpflanzen im Gewächshaus verfolgt (Tab. 2). Das Pflanzenstärkungsmittel bewirkte hier bei weiteren Pflanzenarten eine Wachstumssteigerung als im Freilandversuch. Besonders in der Jungpflanzenanzucht sollten entsprechende Präparate bei Radieschen, Mairübe, Blumenkohl, Chinakohl, Zwiebel, Weißkohl, Möhre, Winterpostelein und Stangenbohne angewandt werden.

Die Netzauflage war, wenn das Netz dicht abschloss, allen Bekämpfungsmaßnahmen mit chemischen oder biologischen Mitteln sowie dem Nützlingseinsatz deutlich überlegen. Die Gemüsefliegen werden selbst von beschädigten Netzen recht gut abgewehrt. Die Lauchminierfliege dagegen sucht und findet selbst kleinste Löcher im Netz oder Vlies, um zu den Pflanzen unter der mechanischen Barriere zu gelangen. Eine Kombination von Netzauflage und Nützlingseinsatz erbrachte nur selten bessere Ergebnisse als die Netzauflage alleine. Diese selten etwas bessere Schädlingsbekämpfung rechtfertigt den Mehraufwand und die Mehrkosten für den Nützlingseinsatz nicht. Bei Kohl und Möhren zeigte das Netz ‚Rantai K’ eine gute Wirkung zur Abwehr von Schadschmetterlingen und der Kohl-/Rettichfliege. Bei Lauch und anderen für die Lauchminierfliege anfälligen Kulturen sollte auf ein dichter gewebtes Netz zurückgegriffen werden. Die sogenannten Erdflohnetze wie z.B. das S 48 bieten sich dafür an. Ein Thripsbefall wurde von diesem Netztyp zwar verringert, aber nicht völlig abgewehrt. Noch dichtere Netze als die Erdflohnetze wie das S 64, das WFN oder die Vliese zeigen eine bessere Wirkung gegen Thripse bei Lauch. Da die Schadbilder der Thripse an den grünen Pflanzenteilen vor der Vermarktung aber stets entfernt werden, ist deren Anwendung nach unseren Erfahrungen nicht notwendig. Im Vergleich zu den Netzen war besonders bei Lauch keines der eingesetzten Pflanzenschutzmittel sowie das Pilzpräparat ausreichend gut wirksam. Vergleichsweise gut schnitt das Präparat ‚NemaAzal-T/S’ ab, das aber im Bereich Freilandgemüse z. Z. noch keine Ausweisung besitzt. ‚Ferramol’ war genauso wirksam, wie hier nicht genannte, in der Praxis schon lange bewährte Molluskizide. Ein Knoblauchpräparat zur Schneckenbekämpfung/-abwehr erzielte nur eine eingeschränkte Wirkung und ist für den kommerziellen Anbau weniger geeignet. Im ökologischen Anbau hätte es eventuelle eine Chance.

Ähnlich positiv wie die Netze wirkte sich der Einsatz von abbaubarer Mulchfolie bei Lauch aus. Er war nicht nur deutlich qualitätsverbessernd, sondern unterdrückte das Unkraut recht wirksam. Wichtig beim Einsatz von Mulchfolie sind folgende Punkte: Die abzudeckende Fläche muss vor dem Verlegen der Folie gut gewässert worden sein. Die Mulchfolie sollte flächendeckend auch zwischen die Einzelbeete auf den Wegen und Fahrgassen ausgelegt werden. Eine Kombination aus Mulchfolie und Insektenschutznetz könnte eine extreme Arbeitserleichterung bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung beim Lauch erbringen. Voraussetzung dafür wäre aber eine weitgehende Mechanisierung der Ausbringung der Mulchfolie, des Netzes und des Pflanzens durch die Mulchfolie hindurch.

 

Tab. 1: Zusammenfassung der Ergebnisse im Freilandgemüsebau

 

 

Methode

Lauch

Radies

Schnitt-
lauch

Ruco-
la

Brok-
koli

Möh-
ren

Peter-
silie

Feld_
salat

Zuc-
chini

Kohl

 

Versuch

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

1

2

1

2

1

1

1

2

1

1

2

1

1

Pflanzen-
stärkung

Trichosan

+

+

+

                 

0

0/-

0/-

+

0/-

     

0

+

0

-

 

TRI 003

 

+

+

                 

0

                       

Promot WP

 

+

+

                 

0

                       

FZB 24

+

+

+

                 

0

                       

Biostimulator SP 11

                                       

0

       

Schädlings-
abwehr

Insecta 500

       

+

                                       

Insecta 500 + Raubmilben

       

+

                                       

Rantai K

               

0

 

0/+

0

           

+

           

S 48

               

+

+

+

+

                         

S 64

           

+

+

+

   

+

                         

S 64 + Raubmilben

           

+

0

                                 

Agryl P10

               

-

   

+

                         

WFN

                     

+

                         

Schädlings-
bekämpfung

NeemAzal-T/S

     

-/+

0

 

0

0

             

0

-

+

 

+

         

Spinosad 480

             

0

             

0

                 

Vertimec

                             

0

                 

Calypso Ultra

             

0

             

0

                 

Karate (Zeon-Tec.)

                             

0

                 

Dipel ES

           

0

0

                                 

XenTari

     

-

                                         

ECOGard

                                   

0

-

         

EnviRepel

                                   

0

-

         

Sluggit

                                               

-

Ferramol

                                               

+

Quassia

                                 

?

             

Telmion

                                 

?

             

Nematoden

                                   

-

           

Aleochara bilineata

                                 

0

             

Unkraut-
bekämpfung

Mulchfolie

                 

+

                             


 

Tab. 2: Mehr- bzw. Mindererträge nach Trichoderma harzianum-Anwendung im Versuchsgewächshaus 2001 bis 2003 (3 bzw. 2 Versuchsreihen)

 

Gemüseart / Anwendungsemfehlung

Trockengewicht Wurzel

Trockengewicht Spross

Radieschen / (sinnvoll)

3 +

2 +, 1 -

Mairübe / (sinnvoll)

2 +

1 +, 1 -

Blumenkohl / (sinnvoll)

3 +

2 +, 1 -

Chinakohl / (sinnvoll)

3 +

2 +, 1 -

Paprika / (?)

2 +

1 +, 1 -

Broccoli / (nicht sinnvoll ?)

2 +, 1 -

1 +, 2 -

Zwiebel / (sinnvoll)

2 +, 1 -

3 +

Weißkohl / (sinnvoll)

3 +

3 +

Gurke / (?)

2 +, 1 -

2 +, 1 -

Kopfsalat / (?)

1 +, 1 -

1 +, 1 -

Möhre / (sinnvoll)

2 +, 1 -

3 +

Winterpostelein / (sinnvoll)

3 +

1 +, 2 -

Stangenbohne / (sinnvoll)

3 +

2 +, 1 -

Tomate / ( nicht sinnvoll)

3 -

1 +, 2 -



( + ) mit vorgestellter Zahl = Anzahl Versuche mit deutlichem Mehrertrag bei der Jungpflanze im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. ( - ) mit vorgestellter Zahl = Anzahl Versuche mit Mindererträgen im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle.

Konsequenzen für die Praxis

Es konnte gezeigt werden, das der chemische ebenso wie der biologische Pflanzenschutz der mechanischen Schädlingsabwehr in vielen Freilandkulturen in der Wirkung deutlich unterlegen ist. Die Anwendung von Netzen (und Vliesen) zur Schädlingsabwehr bei Chinakohl, Möhren, Lauch und anderen Kulturen ist wirkungsvoll und kann der Praxis vorbehaltlos empfohlen werden. Einzig in warmen oder heißen Sommermonaten kann eine Hitzestau unter einem Netz und besonders unter einem Vlies problematisch werden. Die Kombination von Netz und Mulchfolie z. B. bei Lauch wäre eine sehr wirkungsvolle Methode zur Abwehr von Schädlingen und zur gleichzeitigen Unkrautunterdrückung. Sie hätte auch große arbeitstechnische Vorteile, wenn die technischen Voraussetzungen für das mechanisierte Auslegen der Mulchfolien und das Pflanzen durch die Folie hindurch gegeben wären. Andere Länder wie die USA und Italien sind auf diesem Gebiet schon wesentlich weiter als Deutschland.

Eigene Beurteilung des Projektes

Wie die Ergebnisse zeigen, war das Projekt sehr erfolgreich. Eine Weiterführung der Versuche hätte die Datenbasis sicherlich so erweitert, dass noch zuverlässigere Aussagen zu den einzelnen Verfahren möglich wären. In den USA und anderen Ländern werden Folien zur Verfrühung der Aussaat, zur Schädlingsabwehr, zur Verlängerung der Vegetationszeit, zur Kühlung der Bestände sowie Netze zur Schädlingsabwehr in sehr großem Umfang angewandt. Hier gibt es auch die entsprechenden Maschinen, die z. B. die Verlegung einer Bewässerung, die Beetvorbereitung sowie das Ausbreiten und Eingraben der Mulchfolie in einem Arbeitsgang erledigen. In Deutschland benutzen hauptsächlich ökologisch wirtschaftende Betriebe in geringem Umfang Mulchfolien zur Unkrautbekämpfung und deutlich häufiger Netze zur Schädlingsabwehr.

 

Fördernde Institution:    MLR

Förderkennzeichen:    0218E




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