Agrarforschung
Untersuchungen zum Einsatz von Heißwasser zur thermischen Unkrautkontrolle im Obst- und Weinbau
Prof. Dr. S. Kleisinger, Universität Hohenheim, Institut für Agrartechnik
September 1996 – Dezember 1998
Problemstellung
Die Unkrautregulierung stellt weite Bereiche der Landwirtschaft, hier ganz besonders ökologisch wirtschaftende Betriebe, den Gartenbau, die Kommunen und die Eisenbahnbetreiber vor große Schwierigkeiten. Dem chemischen Verfahren mit seiner einfachen Anwendung und guten Wirkung stehen ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit und nicht auszuschließende mögliche negative Langzeitwirkungen entgegen. Aufgrund der mangelnden Flächenleistung der nichtchemischen Verfahren, der nicht immer zufriedenstellenden Arbeitsqualität und der Gefahren für den Anwender wurde zu Beginn der neunziger Jahre in den Vereinigten Staaten von Amerika ein mit Heißwasser arbeitender Prototyp entwickelt. Das Verfahren konnte sich wegen fehlender Grundlagen zum Wirkungsmechanismus von Heißwasser auf Pflanzen zunächst nicht durchsetzen.
Zielsetzung
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden Grundlagenuntersuchungen des Heißwassereinsatzes zur Unkrautregulierung sowohl am Laborprüfstand als auch mit einem neu entwickelten Freilandgerät durchgeführt.
Untersuchungsmethode
Basierend auf den Erfahrungen mit dem amerikanischen Prototyp wurde ein speziell für europäische Verhältnisse optimiertes Gerät im Rahmen dieser Arbeit entwickelt und gebaut. Das Wasser wird aus einem am Heißwasserbereiter angehängten Tankwagen entnommen und mit zwei heizölbetriebenen Durchlauferhitzern auf eine Temperatur von mindestens 100 °C gebracht. Das heiße Wasser wird mittels Düsen unter einer Applikationshaube auf die Pflanzen aufgebracht, wobei im hinteren Bereich die Abgase der Durchlauferhitzer eingeleitet werden. Damit wurden Prüfstand- und Freilandversuche mit verschiedenen Arbeitsgeschwindigkeiten und Wasseraufwandmengen durchgeführt. Darüber hinaus wurden verschiedene Tenside untersucht. Die statistische Bewertung der Wirkung erfolgte nach festgelegten Bonitierzeitpunkten. Der Temperaturverlauf im Pflanzengewebe von Unkräutern und Apfelbaumstämmen während und nach der Behandlung wurde mittels 0,2 mm dicken Thermoelementen gemessen. Zur Beurteilung der Veränderung der Pflanzenoberfläche wurden elektronenmikroskopische Aufnahmen angefertigt.
Ergebnisse
Aufgrund der durchgeführten Prüfstandversuche erwies sich eine möglichst lange Applikationseinheit mit zwei im vorderen Viertel installierten Düsenbalken mit schräg nach unten gegeneinander gerichteten Düsen mit großtropfigem Spritzbild als vorteilhaft. Durch die Einleitung der heißen Abgase des Heißwasserbereiters in den hinteren Teil der Applikationseinheit wird aufgrund der längeren Einwirkzeit bei Temperaturen zwischen 130 und 170 °C die Wirkung erheblich verbessert. Der Temperaturverlauf unter der Applikationseinheit wird durch den Fahrtwind nur unwesentlich beeinflußt. Die Bewertung der Wärmeverluste durch Wärmeleitung und Konvektion anhand der Temperaturverteilung an den Oberflächen von Heißwasserbereiter und Applikationseinheit führte zu der Erkenntnis, daß bei Verwendung einer Wärmedämmung am Heißwassererzeuger die Wärmeverluste und dadurch der Brennstoffverbrauch nennenswert reduziert werden können. Mit Hilfe von Abgasmessungen wurde die für eine optimale Verbrennung notwendige Frischluftmenge bestimmt. Das partielle Lösen der Wachsschicht auf der Pflanzenoberfläche kann durch den Einsatz von Tensiden verbessert werden. Die Behandlung von Rasen mit Tensidzusatz auf dem Laborprüfstand ergab bei hohen Arbeitsgeschwindigkeiten (8 km/h) für einige wenige Tenside eine signifikant verbesserte Wirkung. Die Umsetzung für den praktischen Einsatz ist allerdings aus pflanzenschutzrechtlichen Gründen nicht ohne weiteres möglich. Die Messungen des Temperaturverlaufs im Gewebe verschiedener Unkrautarten während der Behandlung am Prüfstand und im Freiland ergab bei allen Unkrautarten eine deutliche Temperaturerhöhung über die kritische Temperatur von 42 °C. Die Unkrautarten weisen eine unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit auf. Wie in weiterführenden Feldversuchen festgestellt werden konnte, hängt die Wirkung von Entwicklungsstadium und Zustand der Unkrautpflanzen ab. Die Langzeitwirkung bei Wurzelunkräutern ist von den Nährstoffreserven und der Lage der Vegetationspunkte abhängig. Das während und nach der Behandlung herrschende Wetter hat großen Einfluß auf den Behandlungserfolg. Bei anhaltendem trockenem und sonnigem Wetter stellt sich der Behandlungserfolg unmittelbar ein und es kann von einer geringeren Anzahl von Behandlungen ausgegangen werden. Behandlungen bei Regen und Tau demonstrieren die gute Wirksamkeit bei allerdings stark verminderter Arbeitsgeschwindigkeit. Die Beschattung, wie sie durch Obstbäume hervorgerufen wird, mindert die Wirkung. Durch Messungen der Temperatur in der Rinde von Obstbäumen mit Hilfe von Thermoelementen konnte die maximal zulässige Einwirkzeit entsprechend einer Arbeitsgeschwindigkeit von mindestens 0,8 km/h ermittelt werden.
Konsequenzen für die Praxis
Die maximale Arbeitsgeschwindigkeit liegt beim konzipierten und gebauten Gerät für den Obstbau mit einer 2,2 m langen Applikationseinheit bei 6 km/h. Für 0,7 m breite Baumstreifen ist zum gegenwärtigen Entwicklungsstand des Verfahrens eine Wasseraufwandmenge um 2000 l/ha erforderlich. Die ökonomische Betrachtung ergab im Vergleich zu anderen thermischen Unkrautregulierungsverfahren ein deutlich verbessertes Kosten/Nutzen-Verhältnis. Gegenüber dem Einsatz von Herbiziden ist dieses Verfahren allerdings nicht konkurrenzfähig. Der Einsatz von Heißwasser bietet sich daher bevorzugt für Betriebe an, die Herbizide nicht einsetzen wollen oder dürfen. Soweit eine Stickstoffmobilisierung durch Bodenbearbeitung erwünscht ist, bietet sich die Heißwasserbehandlung in Kombination mit mechanischen Verfahren an. Sowohl die Abtötung einer temporären Begrünung im Spätherbst als auch die vorübergehende Inaktivierung von Rasenmulch bei Nährstoff- und Wasserkonkurrenz ist mit Heißwasser möglich.
Basierend auf den dargestellten Ergebnissen im Obstbau bietet sich der Heißwassereinsatz besonders auch in kommunalen Betrieben und auf Gleisanlagen an. Weiterer Handlungs- und Untersuchungsbedarf besteht zum Einsatz von heißen Tensidschäumen zur weiteren Optimierung des Energieeinsatzes und Reduzierung des Wasseraufwandes.
Literatur
Siehe Abschlußbericht
Fördernde Institution |
Förderkennzeichen |