Agrarforschung
N-Bindungsvermögen und Futterwerteigenschaften von Leguminosen-Gras-Gemischen bei extensiver Nutzung in einer Freiland-Lysimeteranlage und im Feldversuch
Universität Hohenheim, Institut für Pflanzenbau und Grünland - Fachgebiet Grünlandlehre
Dr. G. Schnotz
April.1995 - März.1997
Problemstellung
Hauptproblem einer in Düngung und Nutzung extensivierten Grünlandwirtschaft ist einerseits die Sicherung der Bildung ausreichender Trockenmasse mit angemessenem Futterwert, bei dem vor allem die Energiekonzentration im Vordergrund steht, andererseits eine angemessene und zugleich umweltverträgliche Versorgung der Pflanzenbestände mit Stickstoff.
Angemessene Energiekonzentration ist unter Bedingungen extensivierter Grünlandnutzung im Aufwuchs kaum zu erhalten. Sie ist entwicklungsabhängig und nimmt daher bei Nutzungsverzögerungen im Zuge einer Senkung der Nutzungsintensität i.d.R. beachtlich ab. Von diesem Vorgang sind unter den bestandsbildenden Arten besonders die Gräser betroffen, offenbar etwas weniger dagegen Leguminosen. Sie scheinen ihren Futterwert länger erhalten zu können als Gräser - wären damit nutzungselastischer - und vermögen zudem sehr gut zur unter extensiven Nutzungsbedingungen eher eingeschränkten Rohproteinversorgung der Nutztiere beizutragen, können aber damit andererseits auch zur N-Überversorgung mit Folgen für die Tiergesundheit beitragen. Durch angemessene Mischung mit Gräsern in Grünlandbeständen läßt sich diesem jedoch vorbeugen.
Ziel
Im Projekt "N-Bindungsvermögen und Futterwerteigenschaften von Leguminosen-Gras-Gemischen bei extensiver Nutzung" soll der N 2 -Fixier-ungsleistung, den Futterwertparametern und dem Ertragsverhalten einiger Leguminosenarten des Dauergrünlandes nachgegangen werden, die vornehmlich im weniger intensiv (bzw. extensiv) genutzten Grünland vorkommen.
Im 1. Teil werden Ökotypen der Arten Rotklee (Trifolium pratense L.), Hornklee (Lotus corniculatus L.) und Esparsette (Onobrychis viciifolia Scop.) im Reinbestand und in der Mischung mit verschiedenen Gräsern geprüft. Aussagen werden erwartet über die Höhe der N 2 -Bindung sowie die Auswirkung auf beigemischte Gräser und Stickstoffverfrachtung im Boden.
In einem großflächig angelegten Freilandversuch werden Dauergrünlandbestände auf ehemaligen Ackerschlägen mit verschiedenen Ansaatmischungen etabliert. Dabei sollen Erkenntnisse gewonnen werden, ob und wie der hohe N-Bedarf von Neuansaaten auf natürlichem Weg durch Leguminosen deckbar wird und wie gleichzeitig angemessener Futterwert im Aufwuchs erzielt werden kann.
Untersuchungsmethoden
Hauptschwerpunkt der Untersuchungen war die Schätzung der N 2 -Fixierungsleistung der Leguminosen sowie die Quantifizierung des Transfer-N-Gehalts der beigemischten Gräser. Zur Anwendung kamen in beiden Versuchsteilen 15N-Techniken.
Im ersten Versuchsteil wurde zusätzlich die Verfrachtung von N im Boden durch die Analyse des Sickerwassers bestimmt. Der 2. Teil diente weiterhin der Erfassung der Futterwertparameter (Rohprotein, Rohfaser, Verdaulichkeit, Energie) und der Mineralstoffgehalte (P, K, Mg, Ca). Begleitend wurden die Nmin-Gehalte des Bodens während der Vegetationsperiode sowie die Entwicklung der Pflanzenbestände verfolgt.
Ergebnisse
Teil 1 : Die Gräser erzielten im Reinbestand den niedrigsten TM-Ertrag, die Leguminosen-Gras-Ge-mische stets den höheren oder höchsten, wobei die Mischungen mit Trifolium pratense am ertragreichsten waren. Lotus corniculatus erwies sich in der Mischung als konkurrenzschwach. Das Trockenmassebildungsvermögen der Leguminosen im Reinbestand überstieg stets das der Gras-Reinbestände, nicht unbedingt aber das der Klee-Gras-Gemische.
Mit dem Sickerwasser wurden nur bei den Leguminosen-Reinbeständen in nennenswerten Mengen Stickstoff im Boden verlagert, bei den Leguminosen-Gras-Gemischen sowie Gras-Reinbeständen veränderten sich die Nitratkonzentrationen im Sickerwasser nicht.
Die symbiotische N 2 -Bindung war in den Klee-Gras-Mischungen generell sehr hoch (90 bis nahe 100%). Zumindest auf humusarmen Böden ist die Fixierungsleistung auch bei hohen Klee-Ertrags-anteilen sehr hoch. Die insgesamt gebundene N-Menge hing jedoch stark vom TM-Bildungs-vermögen der jeweiligen Art ab.
Teil 2 : Bei der Etablierung von Dauergrünlandbeständen auf ehemaligen Ackerstandorten kann der N-Haushalt des Bodens durch Einbringen von Leguminosen verbessert werden. Der gegenüber altem Grünland bzw. Grünlandböden vergleichsweise niedrige N-Gehalt von Ackerböden hat jedoch ausweislich vorgelegter Beobachtungen bei leguminosenbetonten Ansaatmischungen zwangsläufig überproportional hohe Ertragsanteile von Leguminosen zur Folge (im vorliegenden Fall ca. 80 EA% im jeweiligen 2. Standjahr). Das wiederum bedingt ebenfalls zwangsläufig hohe Rohproteingehalte in den erntbaren Auswüchsen, die den für die Tierernährung erwünschten Bereich von 12-16% XP i.d.TS deutlich übersteigen. Gegenläufig verhält sich der Rohfasergehalt, der aber hier in jedem Fall im optimalen Bereich von 20-25% lag. Analog zum XP-Gehalt erreichten auch Verdaulichkeit der organischen Substanz und Energiedichte (NEL) hohe bis sehr hohe Werte.
Die Bindung symbiotisch fixierten Stickstoffs in der oberirdischen Pflanzensubstanz lag zwischen 150 und 300 kg N/ha. Die regelmäßig erfaßten Nmin-Gehalte ließen jedoch wenig Auswirkungen auf Stickstoff in der Bodenlösung erkennen.
Konsequenzen für die Praxis
Leguminosen-Gras-Gemische sichern ohne zusätzliche N-Düngung im Dauergrünland hohe TM-Erträge. Bei der Umwidmung von Acker in Grünland bieten sie zudem unter den Bedingungen des ökologischen Landbaus die einzige Möglichkeit, den sehr hohen N-Bedarf eines sich entwickelnden Grünlandbestandes zu decken. Schwierigkeiten besonderer Art macht aber die auf N-armen Standorten drohende Dominanz der Leguminosen im sich entwickelnden Pflanzenbestand. Vor allem bei höherwüchsigen Leguminosen und eingeschränkter Nutzungsintensität wirkt das besonders nachteilig auf den (strukturliefernden) Grasanteil, der hier rasch der Lichtkonkurrenz zum Opfer fällt. Für die Praxis ist daraus herzuleiten, daß es im Falle der Umwidmung von Ackerland in Grünland auch unter Bedingungen des ökologischen Landbaus in der Anfangsentwicklung der Bestände über mehrere Jahre hin zwingend intensiver Nutzungsweise bedarf, um die Konkurrenzwirkung der düng-ungsbedingt zur Dominanz neigenden Leguminosen zu reduzieren. Andernfalls ist der konkurrenzbedingte Ausfall der angesäten Gramineen und in späteren Entwicklungsphasen nach natürlichem, unvermeidbaren Rückgang der Leguminosen die Einwanderung futterbaulich minderwertiger oder überhaupt unerwünschter Pflanzenarten die Folge. Gleichzeitige extensive oder extensivere Nutzung und Düngung nebeneinander bei Neuansaaten ist mithin ohne irreversible Bestandsentwicklung un-erwünschter Art nicht denkbar.
Nach den hier gewonnenen Erkenntnissen besteht bei Dauergrünlandflächen die Gefahr einer Belastung des Grundwassers mit N auch bei erhöhten Kleeanteilen nicht. Offensichtlich gilt generell: je besser und vollständiger die Durchwurzelung des Bodens ist, desto besser wird frei werdender Stickstoff auch von den Leguminosen selbst genutzt. Das System Boden - Pflanze - Wurzelbakterien ist offensichtlich sehr schnell in der Lage, sich an ver-änderte Bedingungen anzupassen. Daraus folgt auch, daß weniger N fixiert wird, sobald das N-Angebot im Boden ansteigt. Daher steigt auch die prozentuale Fixierungsleistung von Leguminosen bei Anwesenheit von Gramineen ganz erheblich. Im übrigen ist die absolute Fixierungsleistung bei Esparsette und Rotklee am stärksten ausgebildet. Beide Arten zeichnet mithin hohe Biomasseleistung und zugleich hohe N-Lieferung aus, Eigenschaften, die bei Hornklee deutlich schwächer ausgebildet sind. Vor allem dem ökologischen Landbau ist der verstärkte Einsatz von Rotklee und Esparsette nahezulegen. Beide Arten sind indes in der derzeit handelbaren Form nicht ausdauernd. Für die Pflanzenzüchtung öffnet sich daher hier ein lohnendes Betätigungsfeld.
Literatur
Siehe Abschlußbericht
Fördernde Institution: MLR |
Förderkennzeichen: 23-95.12 |