Page 18 - Heft_3_2022_Biodiversität
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Biodiversität



























          Bild 2: Haferwurzel ist mit der Schwarzwurzel verwandt,   Bild 3: Sortenvielfalt bei Möhre; Quelle: Henle, SfG
          schmeckt aber deutlich milder; Quelle: Ernst, SfG

          Weitere Informationen
          finden Sie unter:        2. Nutzung „alter“ und „neuer“           Ansaat etabliert werden, da sie ihre Wirkung
                                   Gemüsearten                              erst viel zu spät entfalten würden. Aus diesem
                                                                            Grund wird an der SfG geprüft, wie dies nach
                                   Nicht nur das Sortensortiment hat sich im   dem Prinzip des Rollrasens funktionieren
                                   Gemüsebau in den zurückliegenden Jahren   kann. (ausführlicher Bericht folgt in Heft 5).
                                   dramatisch verändert, sondern ganze Gemü-
                                   sekulturen sind quasi „aus der Mode“ gekom-
                                   men, wobei es dafür selbstverständlich immer   Kritische Anmerkung
                                   auch nachvollziehbare Gründe gibt. Trotz-
                                   dem sind gerade diese Gemüsearten, wie Ha-  Wird durch entsprechende Extensivierungs-
                                   ferwurzel, Erdmandel, Erdbeerspinat, Guter   maßnahmen die Biodiversität im Freilandge-
                                   Heinrich, Gartenampfer oder auch Mangold   müsebau erhöht, so ist dies in der Regel auch
                                   (letzterer mit durchaus attraktiven Sorten) bei   mit einer Reduzierung von Flächenerträgen
                                   Verbrauchern und Gourmetköchen als inter-  verbunden. Dies hat zur Folge, dass der be-
                                   essante Rarität wieder verstärkt gefragt.   reits rückläufige Selbstversorgungsgrad  für
                                                                            Gemüse von derzeit deutlich unter 40 % wei-
                                   Darüber hinaus ermöglicht der Klimawandel   ter sinken wird. Bei einer gleichzeitig wach-
                                   auch den Anbau von in Süddeutschland „neu-  senden Bevölkerung führt dies zwangsläufig
                                   en“ Gemüsearten wie Artischocke, Kicher-  zu einem verstärkten Import von Gemüse,
                                   erbse, Soja, Okra, Süßkartoffel (Ipomoea ba-  was das Problem der Biodiversität, des Bio-
                                   tatas), Wasabi oder Yacón (Smallanthus son-  top- und Insektenschutzes verstärkt in die
                                   chifolius), die durch zugewanderte Personen   Gemüseerzeugerländer verlagert, von denen
                                   zusätzliche Nachfrage erfahren.          wir das Gemüse importieren und bei globaler
                                                                            Bewertung – wegen der zusätzlichen Trans-
                                   Trotzdem gilt selbstverständlich, dass eine   portwege – die Gesamtsituation eher ver-
                                   Erhöhung der Biodiversität durch eine Diver-  schlechtert.
                                   sifizierung des Gemüseangebots immer auch
                                   betriebswirtschaftliche Aspekte im Blick be-  Die eigentliche Herausforderung besteht da-
                                   halten muss. Und dabei spielen neben dem   rin, den Freilandgemüseanbau nicht nur auf
                                   Ertrag auch Arbeitswirtschaft und das Preis-  einzelbetrieblicher Ebene, sondern auch auf
                                   niveau bei den gemüsebaulichen Nischenpro-  Landesebene so zu stärken, dass trotz erhöh-
                                   dukten eine entscheidende Rolle.         ter Biodiversität die Abhängigkeiten von Im-
                                                                            porten auch beim Gemüse verringert und
                                                                            nicht durch „Ertragsminimierungsmaßnah-
          Dr. Michael Ernst        3. Etablierung einer Nützlingsrollwiese   men“ weiter vergrößert werden.
          Leiter der Staatsschule   in einer Kopfsalatkultur
          für Gartenbau                                                     Weitere Informationen zu unseren Biodiver-
          Tel.: 0711 / 459 - 22726  In  kurzen Gemüsekulturen  können Nütz-  sitätsprojekten, Info-Flyer usw. finden Sie auf
          michael.ernst@sfg.bwl.de  lings- oder Insektenblühwiesen nicht durch   unserer WebSite (www.sfg-bw.de).  



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